Weltfinanzgipfel in Washington: EU bereitet Krisentreffen vor
Beim Weltfinanzgipfel will die EU mit einer Stimme sprechen. Über die Positionen wurde am Freitag gerungen. Die EU will in Europa umsetzen, was sie global fordert.
Am 15. November werden sich in Washington die Vertreter der 20 bedeutendsten Volkswirtschaften zu einem Krisengipfel treffen. Über die Frage, welche europäischen Länder mit am Tisch sitzen sollen, wurde bis zur letzten Minute gerungen. Gestern kamen in Brüssel die Chefs der 27 europäischen Regierungen zu einem Mittagessen zusammen, um ihre Position für die Verhandlungen in Washington abzustimmen.
Gleich drei Positionspapiere legte Ratspräsident Nicholas Sarkozy seinen Gästen neben den Vorspeisenteller. Doch auf den zwölf eng bedruckten Seiten findet sich wenig, was über die Ergebnisse des Krisengipfels der Euroländer Mitte Oktober hinausgeht. Sarkozys Pläne für eine europäische Wirtschaftsregierung wurden schon in Vorverhandlungen gestrichen.
Die Beteiligten verständigten sich aber auf einige Grundsätze: Der Notfallfonds für Mitgliedsländer in Zahlungsschwierigkeiten, der im Augenblick über zwölf Milliarden Euro verfügt, soll auf 25 Milliarden aufgestockt werden. Die EU-Kommission wird bis zum EU-Gipfel im Dezember Vorschläge machen, wer auf den Fonds zugreifen kann. Beim Gipfel Mitte November in Washington will sich die EU für eine internationale flächendeckende Finanzüberwachung einsetzen. Ratingagenturen und große Fonds sollen auch dann einbezogen werden, wenn sie ihren Sitz in sogenannten Steueroasen haben. Das Weltfinanzsystem soll transparenter werden. Manager sollen nach einem Verhaltenskodex entlohnt werden, der solide Finanzplanung mehr honoriert als hohe Risikobereitschaft. Ein Frühwarnsystem soll Risiken rechtzeitig erkennen und Finanzblasen verhindern.
Die Koordination dieser Aufgaben soll der Internationale Währungsfonds (IWF) übernehmen. Er wird ausgebaut und neu organisiert. Österreichs Regierungschef Alfred Gusenbauer glaubt, dass dafür auch die Entscheidungsstrukturen des IWF reformiert werden müssen. "Wir müssen China und die Golfstaaten in die Entscheidungsebene einbinden, wenn wir wollen, dass sie sich an dem ganzen System beteiligen", sagte er am Rande des EU-Gipfels.
Die EU will in Europa umsetzen, was sie international fordert. Rund 8.000 Banken gibt es in der EU, zwei Drittel davon gehören grenzüberschreitenden Konsortien. Die Kontrolle endete bislang an der Landesgrenze und soll nun durch engere Kooperation der Aufsichtsbehörden besser werden. Die Banken sollen risikoreiche Produkte wie Derivate in ihre Bilanzen einstellen, damit ihre Risiken transparenter machen und den Eigenkapitalanteil entsprechend erhöhen.
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