piwik no script img

Weltbank kürzt der Industrie das GeldKohle-Kredite für Arme

Nur die ärmsten Länder sollen noch Kredite für den Neubau von Kohlekraftwerken bekommen. Die Weltbank vergibt Darlehen, um das Wirtschaftswachstum voranzutreiben.

Kohlekraftwerke: Viel Geld für klimaschädliche Energieprojekte. Bild: ap

BERLIN taz | Die Weltbank will die Finanzierung von neuen Kohlekraftwerken strikt begrenzen. Laut einem aktuellen Strategieentwurf sollen künftig nur noch die ärmsten Entwicklungsländer Kredite für diese klimaschädliche Art der Energieerzeugung bekommen - und auch das nur, wenn sie darlegen können, dass sie keine klimafreundlichere Alternative haben. In dem Papier bekennt sich die Weltbank zu erneuerbaren Energien und zur Abkehr von der Atomkraft. Dies wäre eine radikale Abkehr von ihrer bisherigen Strategie.

Die Weltbank ist eine multilaterale Institution, die Darlehen an Entwicklungsländer vergibt, um das Wirtschaftswachstum anzuschieben. Dazu gehört auch die Förderung von Energieprojekten. Diese hat in den letzten Jahren immer wieder für Kritik gesorgt, weil viel Geld in klimaschädliche Energieprojekte floss.

Allein 2010 vergab die Weltbank Kredite über 4,4 Milliarden US-Dollar für Kohlekraftwerke, den Großteil davon für den Neubau einer umstrittenen Riesenanlage in Südafrika. Falls ihr Exekutivkomitee für den Kurswechsel stimmt, wären solche Großprojekte in Schwellenländern in Zukunft nicht mehr möglich.

Entwicklungsorganisationen begrüßen die strategische Neuausrichtung. Sie kritisieren aber, dass der Entwurf nicht weit genug gehe. Eine klare Prioritätensetzung für erneuerbare Energien sei nicht erkennbar. Für Jan Urhahn, Klimaexperte von Oxfam Deutschland, gibt es eine deutliche Lücke zwischen den Zielen und den konkreten Details im Entwurf. Er kritisiert die Indikatoren, mit denen die Weltbank den Erfolg ihrer Energieprojekte bewertet.

Im Moment sei die Megawattzahl entscheidend. "So wird der Bau von Großkraftwerken gefördert", sagt Urhahn. Doch das sei "in ländlichen Regionen in Entwicklungsländern berhaupt nicht sinnvoll." Dort benötige man viel mehr kleinteilige Projekte.

Weltbank will alte Kohlekraftwerke weiterbetreiben

Die Verbände kritisieren auch, dass die Weltbank den Begriff "saubere Energie" zu weit gefasst habe - demnach könnten auch bestimmte Kohle- und Ölprojekte gefördert werden. Der Entwurf erlaube zahlreiche Ausnahmen, wie zum Beispiel bei der Nachrüstung von alten Kohlekraftwerken. Die soll auch weiterhin in Schwellenländern finanziert werden. "Die Weltbank will eher alte Kohlekraftwerke weiterbetreiben, anstatt sie abzuschalten und durch erneuerbare Energien zu ersetzen", kritisiert Urhahn.

Auf der anderen Seite will die Weltbank in allen Ländern den Bau von Kohlekraftwerken mit CCS-Technik fördern. Dabei wird das im laufenden Betrieb entstehende klimaschädliche Kohlendioxid abgeschieden und anschließend unterirdisch gespeichert, so dass es nicht in die Atmosphäre gelangt. Doch diese Technologie ist umstritten und wird erst in Politprojekten getestet.

Beratung für AKWs

Von einer konsequenten Abkehr von der Atomkraft kann ebenso keine Rede sein. Zwar vergibt die Weltbank keine Darlehen für den Neubau von Atomkraftwerken. Dafür berät sie aber weiterhin Staaten, die neue AKWs bauen wollen.

Der Strategieentwurf wird dem Exekutivkomitee der Weltbank am 11. April vorgelegt, Mitte des Jahres könnte die Strategie verabschiedet werden. Im Komitee ist auch Deutschland vertreten. Deutschland stimmte in der Vergangenheit nicht gegen die Erhöhung der Kredite für Kohleprojekte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!