■ Filmstarts à la carte: Weltall, Erde, Mensch
Nicht alles ist vergänglich. Zwar hat Jane Fondas Ehe mit dem Regisseur Roger Vadim den Jahren nicht standgehalten, zwar hat die Aktrice ihr Normalgewicht Aerobic und Magersucht geopfert, in Barbarella ist beides aber noch hübsch intakt. 1967 mimte Fonda unter der Oberaufsicht des damals aktuellen Gatten die Astro-Agentin Barbarella im „durchsichtigen Weltraumdreß“, die im Jahr vierzigtausend einem Wissenschaftler auf einem anderen Planeten eine Geheimwaffe abjagen soll. Ihre Reise durchs Universum gipfelt in einer Reihe bizarrer sexueller Abenteuer. Übrigens: Allein wegen ihres Engagements gegen die Rassendiskriminierung in den USA und den Vietnamkrieg wurde Fonda in den Filmlexika der DDR zur „intelligenten Schauspielerin“ geadelt. Das mag sie ohne Zweifel sein – die Titelvergabe ist dennoch einigermaßen stöhn und ächz. Die Wiederaufführung von Barbarella ist einer Reihe von Filmen aus den sechziger Jahren trefflichst eingepaßt.
Das Checkpoint in der Leipziger Straße wirbt nicht nur mit einem ansprechendem Programm, sondern auch mit neuer Bestuhlung. Während der Sommerpause wurde kräftig um- und eingebaut, so daß die geneigten Besucher nunmehr ihr „Guerilla Filmmaking“ à la Rockwell und Tarantino ohne Gelenkverschleiß zu sich nehmen können. In the Soup und Reservoir Dogs werden geboten, wobei wir In the Soup unbedingt den Vorzug geben würden. Als der Film 1992 in Berlin anlief, haben wir ihn uns nicht einmal, auch nicht zweimal, nein dreimal angesehen. Ein junger Cineast bietet sein Drehbuch per Annonce zum Kauf an und gerät dabei an einen alten Ganoven, der die Finanzierung des Debüts übernehmen will. Räuberpistole trifft auf tatendurstigen Künstler, am Ende gewinnt die (Täuschungs-)Kunst. Wunderbare Kamerafahrten durch Schlüssellöcher, auf arme Mieteneintreiber, Kissenschlachten mit Verrückten, traurig-schäbige Wintermäntel im New Yorker Schnee und außerdem poetische Aufnahmen von einem völlig verlassenen Coney Island. Ganz und gar grandios ist die Szene mit den zwei launigen Herren, meint Filmer und Ganove, in der guten Stube, der ältere den jüngeren in der Kunst des Tanzens unterweisend. Und eins, zwei, drei. Der ambitionierte Filmkünstler mit den Basedowaugen ist übrigens Steve Buscemi, sicher auch bekannt aus Reservoir Dogs, den man sich natürlich im Verbund mit ersterem Streifen zu Gemüte führen kann.
Im Arsenal läuft eine Retrospektive mit Filmen Alexander Dowshenkos. Damit keiner behaupten kann, nichts von der Bedeutung dieses Mannes geahnt zu haben, wird hier eine kleine Lektion gegeben. Alexander Dowshenko, 1894 geboren, zählt neben Pudowkin und Eisenstein zu den drei Großen des russischen Kinos. Auch er begann Mitte der zwanziger Jahre bei den legendären Odessaer Studios. Sein Film Arsenal (1929) stand Pate bei der Namensgebung des Kinos, in dem seine Werke jetzt gewürdigt werden. Welch hübscher und würdiger Einfall! Bei Dowshenko können Tiere sprechen, sind Revolutionäre kugelsicher, vermählt sich die Revolution mit einer romantischen Phantastik. Dowshenko dazu: „Das Riesenhafte der Ereignisse hat mich gezwungen, das Material unter dem Druck vieler Atmosphären zusammenzupressen.“ Diese Verdichtung erzeugt hochpathetische, symbolische Bilder, dahinrasende Kanonen sind gegen trauernde Frauen geschnitten. Zwei Experten aus Kiew werden in Dowshenkos Werk einführen.
Anke Westphal
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