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Weißes Haus reagiert auf WikileaksDie gedemütigten Staaten von Amerika

"Rücksichtslos","gefährlich", "verabscheuungswürdig": Bis zuletzt versuchte das Weiße Haus, die Wikileaks-Veröffentlichung zu stoppen. Nun wird beschwichtigt und gedroht.

"Präsident Obama unterstützt ein verantwortliches, zuverlässiges und offenes Regieren": Barack Obama und Hillary Clinton. Bild: dpa

Minuten nach der Internetattacke schoss das Weiße Haus zurück. Die Wikileaks-Veröffentlichungen seien "rücksichtslos" und "gefährlich", erklärte Sprecher Robert Gibbs. Die Publikation der vertraulichen und teils geheimen Dokumente bringe Regimekritiker und Oppositionsführer auf der ganzen Welt in Gefahr, die im Kontakt mit US-Diplomaten stünden. Wikileaks habe mit den Enthüllungen das Leben und die Arbeit von Aktivisten riskiert, die sich für die Menschenrechte in der Welt starkmachten.

"Präsident Obama unterstützt ein verantwortliches, zuverlässiges und offenes Regieren daheim und in aller Welt, aber solch rücksichtsloses und gefährliches Handeln widerspricht diesen Zielen", heißt es in einer Mitteilung des Weißen Hauses. Es liege in der Natur der Sache, dass die Berichte der Botschafter häufig offenherzig und inhaltlich unvollständig seien. "Es ist weder eine Ausdruck der Politik noch geht es immer in die endgültigen politischen Entscheidungen ein." Dennoch könnten die veröffentlichten Dokumente die Diskussion mit ausländischen Regierungen und Oppositionsführern beeinträchtigen.

Das US-Außenministerium hatte am Vortag mit einem Brief an Wikileaks-Gründer Julian Assange versucht, die erwartete Veröffentlichung in letzter Minute zu stoppen. Die Offenlegung der vertraulichen und zum Teil als geheim eingestuften Berichte amerikanischer Botschaften gefährde das Leben zahlloser Personen, heißt es in einem Schreiben von Rechtsberater Harold Hongju Koh.

Nach der Veröffentlichung wehrte sich Außenministeriumssprecher Philip Crowley vor allem gegen den Eindruck, amerikanische Diplomaten ließen sich als Spione einspannen. "Entgegen einigen Wikileaks-Veröffentlichungen sind unsere Diplomaten Diplomaten. Sie sind keine Geheimdienstmitarbeiter", twitterte Crowley am Sonntagabend. "Diplomaten sammeln Informationen, die unsere Politik und unser Handeln bestimmen", schrieb Crowley. "Diplomaten aller Nationen tun dasselbe."

Der Vorsitzende des Senatsausschusses für Heimatschutz und Staatsangelegenheiten, Joseph Lieberman, verurteilte die Enthüllungen als "empörende, rücksichtslose und verabscheuungswürdige Aktion, die die Möglichkeit unserer Regierung und unserer Partner unterhöhlt, unsere Leute zu sichern und zusammenzuarbeiten, um unsere zentralen Interessen zu verteidigen."

Es bestehe kein Zweifel, erklärte der parteilose, den Demokraten nahestehende Senator, "dass die Verantwortlichen Blut an ihren Händen haben". Lieberman ermutigte die Obama-Regierung und Staatschefs in aller Welt, alle rechtlichen Schritte einzuleiten, um Wikileaks stillzulegen, bevor die Internetplattform mit weiteren Veröffentlichungen noch mehr Schaden anrichten könne.

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5 Kommentare

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  • TD
    Tyler Durden

    @vic

    Natürlich werden wieder ein paar von Mr Changes Fans enstsetzt sein, aber jeder der ab und zu mal selber denkt, der wird genau daselbe sehen was sie auch gesehen haben: Sensationell Neues steht auch diesmal wieder nicht drin, nichts als Banalitäten. Dazu die entsetzte Reaktion der Clinton/Obama...

    Ich bin nach wie vor den Verdacht nicht los, dass hier irgendwas ganz gewaltig stinken könnte.....

    Es gibt mehrere Hinweise im Internet, dass Mr Assange seit längerem Angestellter des CIA ist, der diese Dinge unter deren Anleitung ins Netz stellt, um Wikileaks ein gewisses Vertrauen in einer kritischen Öffentlichkeit zu schaffen.

    Man kann leider noch nicht sagen ob an diesen Hinweisen etwas dran ist, aber ein solches Vorgehen würde zur Arbeitsweise der Firma passen. Man wird adnn irgendwann Wikileaks dazu benutzen können um dann glaubhafte, aber falsche Meldungen und Warnungen zu publizieren... mit unabsehbaren Folgen.

    Mit solchen Veröffentlichungen den bereits kritischen Teil der Öffentlichkeit in seinen Befüchtungen zu bestärken ist kein Risko für die CIA. Aber damit ein gewaltiges Herr von naiven Wikileaks-Gläubigen zu schaffen, das könnte unbezahlbar sein für die Machthaber in den USA...

  • M
    Mike

    @vic

     

    Im Bezug auf Deutschland geht es nicht um die teils herablassenden Bemerkungen die gemacht wurden, sowas kann man in jeder Fussgängerzone hören und beinahe in jedem Forum lesen. Man könnte fast sagen die Mehrheit in diesem Land teilt die Einschätzungen des US Aussenministeriums zu diversen Spitzenpolitikern :)

    Es geht darum wie diverse Informationen in erster Linie überhaupt erst an die US Botschaft gelangt sind.

    Was soll man von einem 'aufstrebenden jungen FDP politiker' halten der noch während der Koalitionsverhandlungen zum Us Botschafter rennt und ihm Mitschriften gibt ? Sowas nennt sich Spionage und ist kein Kavaliersdelikt.

    Scheinbar gibt es da ein ganzes Netz und das sollte nun ein Fall für die Spionageabwehr sein.

    Auch sollte man über den Einfluss der Parteien auf den Verfassungsschutz diskutieren, denn offensichtlich haben CDU und FDP ein Problem mit zu geschwätzigen Mitarbeitern und gehören ebenso überwacht wie andere Parteien.

     

    Welches Licht wirft es auf zu Guttenberg das er sich beim US Botschafter über seinen Koalitionspartner beschwert , oder auf Westerwelle der aus reiner Profilierungssucht Vorhaben anderer torpediert ..... was soll so ein Scheiss ?

     

    Wenn man sich jedoch die Forderungen aus der arabischen Welt bzg. eines Angriffes auf den Iran ansieht , oder aber die Islamisierung der Türkei dann sollte man eigentlich schon verstehen können 'was der Hype ' soll .

  • P
    poc

    w'leaks stillzulegen kann nur einer einfordern, der es im namen derer, die er vertritt, gar grässlich mit uns meint. erst mal diese tyrannen und heuchler im zeichen der freiheit stillegen!

  • M
    Malte

    Die Amerikaner können diesen Krieg der Informationen nicht gewinnen. Es wird vermutlich noch eine Weile dauern bis sie das begreifen dass der Feind in den eigenen Reihen, in der eigenen Bevölkerung sitzt.

    Wikileaks versteht sich als Geheimdienst der Bevölkerung und damit kann das FBI noch so groß sein, versuchen Wikileaks zu diskreditieren oder zu schließen. Es wird vermutlich hunderte von Nachfolgeorganisationen geben.

    Das einzige was Hilfe wäre Wahrheit und Transparenz.

    "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu verlieren" ..das gilt nun für die andere Seite der Macht.

  • V
    vic

    "Diplomaten aller Nationen tun dasselbe."

    Klar, ist so.

    Und deshalb verstehe ich den Hype über dieses Leak nicht wirklich.

    Wo ist der Skandal? Die deutsche Regierung wurde doch sehr gut getroffen. Eher schmeichelhaft, wie ich meine.

    Ich vermute, die eigentliche Info dieser Aktion konnte gerade noch verhindert werden, dafür spielen sie uns jetzt dieses Kindertheater vor.