Weiß mit Tiefgang

■ Eimer, Holzklotz und die Eltern: Zwei Kunststudenten aus Ottersberg zeigen in einer ehemaligen Viertelkneipe ihre Arbeiten

Nicht alle Vermieter sind Kunstbanausen. Als die Studenten Leo Bertram und Jan Bathel von der Ottersberger Fachhochschule für Kunsttherapie, Kunstpädagogik und Kunst eine Räumlichkeit suchten, in der sie der Bremer Öffentlichkeit ihre neuesten Exponate vorstellen können, war eine ablehnende Antwort zugleich auch die freundlichste. Schließlich aber fanden sie doch noch einen vermietenden Kunstliebhaber. Bis Ende Januar präsentieren die beiden Nachwuchskünstler nun an der Lessingstraße 63 ihre Arbeiten.

So heißt auch der Titel der Ausstellung schlicht „Arbeitspräsentation“. Ein zweideutiger Name, wie man bei Eintritt in die ehemalige Kneipe meinen könnte: Eine auf dem Boden liegende Metallrinne, ein Holzklotz und ein alter Plastikeimer lassen vermuten, hier seien wohl noch Handwerker am Schaffen. Wie so oft bei moderner Plastik bedarf es auch hier des expliziten Hinweises, dass der Eimer nicht wegen einer undichten Decke angebracht wurde, sondern Teil des Kunstwerkes ist. Das erklärt der während der Ausstellung anwesende Künstler Leo Betram dem interessierten Betrachter höchstselbst.

Fünf Objekte sind über den Boden verteilt. Neben Eimer und Rinne gehören noch ein abgerundeter Holzblock und zwei weiße, rundlich geformte Elemente dazu. Was es damit auf sich hat, ist mit Zweckdenken nicht zu erfassen. Leo Bertram sollte man auch nicht fragen, denn der ist schließlich Künstler. Und die interpretieren nicht gern.

„Hier wächst etwas – etwas Zerbrechliches“, sagt Leo Bertram knapp. Aha! Eine Knospe! „Um Gottes Willen, nein! Eine Knospe wäre vollkommen falsch“, widerspricht der Kunststudent vehement und verweist auf seine Zeichenstudien. Von den Bleistiftskizzen auf Kopierpapier, Momentaufnahmen seiner geistigen Inspiration, wird sich vielleicht ein Zugang zu der Plastik finden lassen. Doch auch ein gereichter Zettel, auf welchem Bertram poetisch einen nächtlichen, kafkaesken Traum notiert, erleichtert nicht die Suche nach dem Sinn. Gleichwohl ist unverkennbar, dass durchaus etwas dahinter steckt. Die Anordnung klar begreifbarer und schwer zu definierender Elemente sowie die dynamische Ausrichtung der Gruppierung von einem Holzblock hin zu einer gelben Fläche an der Wand entwickeln eine interessante Ästhetik.

Nicht ganz so sparsam mit verständlichen Hinweisen auf seine Arbeitsweise ist Jan Bathel. Er hat für seine Bilder ein folienartiges weißes Papier verwendet. Die Begründung für seine Wahl: „Weil ich endlich ein Weiß gefunden habe, das Tiefe hat.“ Darauf zeichnet er in beinahe fotografischer Genauigkeit Portraits seiner Eltern. Vor ihrem weißen Hintergrund entfalten sie eine seltsame Plastizität und – in diesem Ausstellungsraum – auch eine gewisse Kälte.

Es sei schon seltsam, sagt Leo Betram: „Da hat man bereits Madonnenbilder und Göttererscheinungen gemalt. Und plötzlich fängt man wieder bei den eigenen Eltern an!“ Johannes Bruggaier

Die Ausstellung „Arbeitspräsentation“ ist noch bis zum 26. Januar täglich von 15 bis 19 Uhr an der Lessingstraße 63 zu sehen.