Weihnachtsamnestie für Gefangene: Plätzchen essen in Freiheit
Kurz vor Weihnachten werden wieder hunderte Häftlinge vorzeitig entlassen. Doch nicht alle Bundesländer beteiligen sich an der Amnestie.
BERLIN dpa | Dank der Weihnachtsamnestie kommen wieder Hunderte Gefangene in Deutschland vorzeitig in die Freiheit. Die Justizbehörden der meisten Bundesländer entlassen Häftlinge, deren Zeit im Gefängnis ohnehin um den Jahreswechsel herum enden würde, einige Tage oder Wochen früher.
Allein in Nordrhein-Westfalen profitieren dieser Tage mehr als 660 Gefangene davon. In Niedersachsen genießen etwa 90 Gefangene die weihnachtliche Milde - ähnlich in Brandenburg. In Rheinland-Pfalz sind es etwa 100 Betroffene. Dagegen gibt es in Bayern und Sachsen keine Weihnachtsamnestie.
Die Gnadengesuche der Häftlinge werden einzeln geprüft. Wer wegen einer Gewalt- oder Sexualstraftat oder wegen Drogenhandels verurteilt worden sei, habe keine Aussicht auf Erfolg, hieß es etwa aus Hamburg, wo die Amnestie für mehr als 30 der etwa 1.600 Gefangenen bewilligt wurde. In Berlin wurden mindestens 76 Straftäter entlassen, wie die Senatsverwaltung für Justiz der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Über weitere Fälle sollte noch entschieden werden.
Aus Sicht der Justizbehörden der meisten Bundesländer sprechen für die Weihnachtsamnestie verschiedene Gründe. Zum einen erschwere eine Entlassung direkt um die Weihnachtsfeiertage herum wichtige Schritte der Wiedereingliederung. Dazu gehörten die Suche nach einer Wohnung oder nach einer Arbeit sowie Behördengänge. Zum anderen seien gerade die Weihnachtstage für Inhaftierte fern von Familie und Freunden nur schwer emotional zu bewältigen, hieß es etwa aus dem Justizministerium von Baden-Württemberg.
CSU für Urlaub statt Gnade
Die Stuttgarter Behörde konnte die genaue Zahl der Entlassenen in Baden-Württemberg zunächst nicht nennen, rechnete aber mit mehreren hundert Fällen. In Sachsen-Anhalt sollten 36 Häftlinge in den Genuss der Amnestie kommen, in Mecklenburg-Vorpommern etwa 20 und in Thüringen 8.
Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) lehnte eine Verkürzung der Strafe auf dem Gnadenwege hingegen ab. Sie sollte nicht von der Zufälligkeit des Kalenders abhängig gemacht werden, argumentierte er. Damit Häftlinge dennoch Weihnachten im Kreise ihrer Familie feiern könnten, gewährten Bayerns Haftanstalten Gefangenen aber unter bestimmten Bedingungen während der Feiertage Ausgang oder Urlaub.
Ende März 2014 waren bundesweit knapp 66.000 Menschen im geschlossenen und offenen Vollzug untergebracht. Davon befanden sich etwa 11.000 in Untersuchungshaft, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich