Weihnachten in der Pandemie: Schöne Bescherung
Trotz Geschenken aus der Forschung ist die Pandemie nicht vorbei. Wie Ungeimpfte, Geimpfte und Geboosterte trotzdem feiern können: Ein Überblick.
Da sind wir also wieder. Nach einem fast unbeschwerten Sommer ist das Virus zurück, seit Längerem schon. Die Politik hat zeitige Maßnahmen verschlafen, die Intensivstationen sind voll, täglich sterben Hunderte Menschen an Covid-19. Unterdessen ächzen die Paketboten unter der Flut der Online-Einkäufe, viele Geschenke werden vor den Feiertagen gar nicht mehr ankommen – wie im vergangenen Jahr. Aber wird Weihnachten 2021 wirklich genauso wie 2020?
Es gibt vieles, das in diesem Jahr anders ist. In der Summe bleibt es knifflig, sich für Weihnachten zu wappnen, ohne das Feiern gleich ganz zu lassen. Aber es hat ein paar Geschenke vorab gegeben, auf die man 2020 noch warten musste. Sie alle spielen für das Weihnachtsfest in diesem Jahr eine wichtige Rolle.
Zu Pandemiebeginn ruhten alle Hoffnungen auf einem Impfstoff gegen Sars-CoV-2. Noch im Spätsommer 2020 hieß es, frühestens im Sommer 2021 könne er verfügbar sein. Aber das Wettrennen zwischen Hunderten Impfstoffentwicklern und eine neue Technologie schafften das Unwahrscheinliche: Zum letzten Weihnachtsfest gab es das erste Vakzin, zwei weitere folgten kurz darauf, ein viertes wurde im März 2021 zugelassen.
Die besten Resultate erzielen die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna, die für mindestens sechs Monate sehr gut vor schweren Erkrankungen schützen und mindestens vier Monate lang sogar Ansteckungen weitgehend verhindern. Wenn man sie denn nutzt. Fast ein Jahr nachdem die erste Impfung in Deutschland verfügbar war, sind hier noch immer 22,5 Millionen Menschen ungeimpft. Für 18,5 Millionen von ihnen gibt es ein zugelassenes, sicheres, wirksames Vakzin, mit dem sie sich und andere schützen und die Verbreitung des Erregers bremsen könnten.
Möglichkeiten und Grenzen des Testens
Etwas anderes gab es Anfang des Jahres überhaupt noch nicht: Die Antigen-Selbsttests für zu Hause, mit denen man sich, wenn man Symptome hat, testen kann. Bis März war es Fachleuten vorbehalten, solche Tests durchzuführen. Ganz ungefährlich sind die Selbsttests allerdings nicht. Sie funktionieren nur in der symptomatischen Phase ganz gut, aber leider nicht davor und danach, obwohl trotzdem schon – oder noch – Ansteckungsgefahr herrscht.
Das ist lange bekannt, trotzdem wiegen sich viele Testlinge nach einem einzigen Selbsttest in falscher Sicherheit. Viele Menschen in den sozialen Netzwerken zeigten sich zudem erschüttert über eine Liste der Europäischen Arzneimittelaufsicht, laut der viele erhältliche Antigentests selbst bei hoher Viruslast nicht immer korrekt anschlagen. Die Tests bleiben deshalb ein gutes Hilfsmittel, mehr aber auch nicht.
Neu sind nach langen Diskussionen in Deutschland und anderen Ländern auch die Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte. Sie haben die allgemeinen Kontaktbeschränkungen weitgehend abgelöst. Zunächst durften neben Genesenen und vollständig Geimpften auch Ungeimpfte als Getestete mit dem aktuellen Nachweis eines negativen Antigentests an Veranstaltungen teilnehmen. Aufgrund der Testunsicherheiten gilt dieses sogenannte 3G inzwischen aber als zu schwach.
Selbst 2G mit Zugangsberechtigung ausschließlich für Geimpfte und Genesene kann Ansteckungen nicht vollständig verhindern, vor allem, wenn die zweite Impfung oder die Erkrankung schon mehrere Monate her ist. Zwar sind die Betreffenden bei 2G selbst vor schweren Verläufen geschützt, sie können das Virus aber weiterverbreiten. Als Nonplusultra gilt deshalb 2Gplus, also geimpft oder genesen und getestet. Völlige Sicherheit bietet auch diese Kombi nicht, aber es ist die beste Vorgabe, um kleinere Veranstaltungen durchführen zu können – falls es unbedingt sein muss.
Medikamente brauchten länger
Während das Rennen um Corona-Impfstoffe in Turbogeschwindigkeit verlief, erwies sich die Entwicklung von Coronamedikamenten als etwas träge. Sogenannte monoklonale Antikörper, die das Virus nach einer Infektion im Körper einfangen, wurden am schnellsten verfügbar, allerdings müssen sie per Infusion verabreicht werden und bringen nur etwas, wenn sie sehr früh im Krankheitsverlauf zum Einsatz kommen.
Coronamittel zum Schlucken wären für diese frühe Phase besser, es gibt sie aber erst seit Herbst. Molnupiravir ist die prominenteste dieser Arzneien. Sie verhindert etwa die Hälfte aller Krankenhauseinweisungen bei Infizierten und einen Teil der Todesfälle. Noch wirksamer soll ein Kombipräparat von Pfizer sein, das in den USA vermutlich bald eine Notfallzulassung erhält. Bislang sind die Medikamente nicht oder nur eingeschränkt verfügbar.
Hinzu kommt, dass der Impfschutz nicht ewig hält. Daten aus Israel legten im Sommer nahe, dass der sehr gute Infektionsschutz der mRNA-Impfstoffe etwa vier bis sechs Monate nach der zweiten Dosis nachlässt, Geimpfte können dann wieder verstärkt zum Infektionsgeschehen beitragen, auch wenn sie nicht schwer erkranken.
Auffrischungsimpfungen, auch Booster genannt, stellen den Schutz wieder her, allerdings müssen sie mit ausreichend Abstand zur zweiten Impfdosis erfolgen, um nicht in die laufende Immunantwort der Grundimmunisierung einzugreifen. Die Auffrischung gilt als bester Schutz vor dem, was noch auf alle zukommt, nämlich Omikron.
Omikron mischt die Karten neu
Die seit zwei Wochen sinkende Inzidenz beruhigt keinen Experten mehr, denn nach Delta wird mit Omikron eine weitere Variante mit großer Sicherheit auch in Deutschland bald das Infektionsgeschehen dominieren. Und Omikron ist durchaus furchteinflößend. Das Virus besitzt im Vergleich zum ursprünglichen Sars-CoV-2 mehr als 50 Mutationen, davon zwei Drittel in jenem Teil des Virus, gegen den auch geimpft wird.
Zwar weisen Antigentests Omikron immer noch nach, die Variante kann aber den Infektionsschutz nach Impfung und durchgemachter Erkrankung offenbar gut unterwandern. Virologen und Epidemiologen fürchten deshalb eine starke Verbreitung des Erregers, der vor allem unter den Ungeimpften dann sehr viele Opfer fordern würde. Aber was heißt das alles nun fürs Weihnachtsfest?
Ungeimpfte haben nach wie vor die schlechtesten Voraussetzungen für eine sichere Bescherung mit Freunden oder Verwandten. Antigentests, zumal als Selbsttest, sind zu unsicher und ungenau. Allein ein PCR-Test einige Tage vor Heiligabend und eine daran anschließende freiwillige Quarantäne bis zum Fest können halbwegs verhindern, dass sich Delta oder Omikron unerkannt unterm Weihnachtsbaum tummelt. Und dieser Plan geht nur auf, wenn alle Ungeimpften den Plan konsequent durchziehen, also jeder von ihnen sich testen lässt und danach bis Heiligabend keine Kontakte mehr hat.
Vorteil Impfung
Geimpfte können da schon etwas beruhigter sein, zumindest, wenn sie mit anderen Geimpften feiern, bei denen ein guter Impfschutz anzunehmen ist. Sich selbst vorher zu testen, kann noch etwas mehr Sicherheit geben. Aber im schlimmsten Fall steckt man sich gegenseitig an, wird nicht schwer krank und bleibt bis zur Genesung zu Hause. Der Haken sind aber Oma und Opa und alle anderen Menschen in höherem Alter. Sie sind oft auch durch doppelte Impfungen nicht sehr gut vor schwerer Erkrankung geschützt, bei manchen schützt womöglich auch der Booster nicht viel besser. Wer Kinder hat, sollte sich und den Nachwuchs vor dem Fest mit den Großeltern per PCR testen lassen oder wenigstens an mehreren Tagen nacheinander Antigentests durchführen.
Das können Geboosterte genauso tun, wenn sie sicher gehen wollen. Jedoch zeigen die bisher verfügbaren Daten, dass drei Impfungen auch vor Ansteckungen mit Delta wieder gut schützen, und eine Infektion mit Omikron unwahrscheinlicher machen. Sind also alle Mitfeiernden doppelt geimpft, geboostert und waren in den Tagen vor Heiligabend nicht ständig auf Partys oder hatten Kontakt mit möglichen Infizierten, reicht es, bei Symptomen zu testen.
Das alles ist schon viel besser als vergangenes Weihnachten. Aber nächstes Jahr wird man hoffentlich auch darauf verzichten können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!