: Weihnachten im Gänsehimmel
Bald brutzeln sie wieder: Zum Fest schauen traditionell Gänse in die Bratröhre / Öko-Tester raten ab: Gestopfte Tiere verderben den Appetit ■ Von Stefan Becker
Was wird aus Gänsen, wenn man sie schlachtet, ausnimmt, einfriert, lagert, transportiert und auslegt? Öko-Test wollte es wissen, kaufte im letzten Jahr kurz vor Weihnachten frische und gefrorene Gänsebraten aller Art ein und schaute ihnen unter die Federn. Das Ergebnis fiel nicht schlecht aus: Unter den 26 Gänsen fand Öko-Test nur an drei etwas Ernstes auszusetzen: Sie rochen alt oder sogar faulig und enthielten eine erhöhte Zahl von Keimen.
„98 Prozent aller Mikroorganismen tun dem Menschen zwar nichts“, sagt Hans Georg Hechelmann, Mikrobiologe bei der Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach. Aber: „Je höher die Keimzahl ist, desto eher tauchen gefährliche Erreger auf.“ In einer Gans stießen die Tester denn auch auf bedenkliche Fäkal-Bakterien.
Rückstände von Medikamenten konnten in keiner Gans nachgewiesen werden, ebensowenig Salmonellen. Die Ergebnisse lassen sich weder verallgemeinern noch ohne weiteres auf die diesjährige Gänseschar übertragen. Darum bewertete Öko-Test die Objekte auch nicht. Zwar habe die Untersuchung gezeigt, daß das Frischhaltesystem weitestgehend funktioniert; aber auch, daß man sich nicht immer blind auf den Handel verlassen kann – die drei erwähnten Gänse entsprachen nicht dem Lebensmittelrecht.
Ungefährlich, aber ärgerlich ist der sogenannte Frost- oder Gefrierbrand. Er entsteht, wenn Eiskristalle verdampfen und Luft ins Fleisch dringt. Es wird strohig und grau, ist auch durch ausdauerndes Kochen oder Braten nicht zu erweichen, und das Fleisch schmeckt nicht. Achtmal fiel Öko-Test Frostbrand ins Auge: dreimal stark, fünfmal punktuell. Frostbrand kann durch beschädigte Verpackungen entstehen.
Frostbrand ist ärgerlich, aber nicht gefährlich
Bei sechs der 19 gefrorenen Gänse war die Verpackung kaputt. Nicht alle waren gleich von Frostbrand befallen. Daß kaum Keime in ihnen gefunden wurden, spricht dafür, daß der Riß im Plastik noch nicht alt war. Ob eine Gans übermäßig mit Keimen belastet ist, läßt sich durch Ansehen nicht erkennen. Gefährdet sind aber Tiefkühl- gänse mit kaputten Verpackungen oder mit Eisschnee vom Antauen, außerdem Gänse, die in einer überfüllten Truhe nicht richtig gekühlt werden können. Wer zu Hause Frostbrand entdeckt oder feststellt, daß die Gans muffig oder faulig riecht, hat das Recht, sie beim Händler umzutauschen oder das Geld zurückzuverlangen.
Als Schutz vor Salmonellen sollte man bei der Zubereitung sicherheitshalber die Verpackung sofort wegwerfen, das Auftauwasser weggießen und die Gans schön knusprig braten. Das tötet garantiert alle Keime.
Bei Gänsen aus Ungarn oder Polen muß damit gerechnet werden, daß sie gestopft, also zwangsernährt wurden: Mit einer Maschine stopft ihnen der Mäster drei Wochen lang vier- bis sechsmal am Tag den Magen mit gequollenem Mais voll. Die Leber der gequälten Tiere verfettet völlig und wächst krankhaft - eine Delikatesse, wie viele Feinschmecker finden. In Deutschland ist das Stopfen verboten. Trotzdem werden sowohl die Gänselebern als auch die fetten Gänsekörper importiert. Na dann: Guten Appetit!
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