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Wegen juristischer ZweifelAfD sagt Bundesparteitag ab

Bei der Delegiertenaufstellung soll nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Alternativ könnte es nun einen Mitgliederparteitag Ende Juni geben.

Seine Abreise nach Kassel ist erst einmal verschoben – und daran ist nicht mal die Bahn schuld: Bernd Lucke Foto: dpa

Berlin taz | Bernd Lucke wird sich gefreut haben. Der AfD-Chef, der derzeit um die Ausrichtung seiner Partei und sein politisches Überleben streitet, hat am Dienstag im Machtkampf der Partei überraschend einen Punkt gemacht. Der Bundesvorstand beschloss, den für den 13. und 14. Juni in Kassel geplanten Bundesparteitag abzusagen.

Das AfD-Schiedsgericht hatte davor gewarnt, die Ergebnisse des Parteitags könnten anfechtbar sein. Es gibt Zweifel daran, ob die Wahlen der Delegierten in einigen Landesverbänden – darunter Nordrhein-Westfalen und Hessen – rechtmäßig abgelaufen sind. Nichtmitglieder sollen Stimmen abgegeben haben.

Die AfD-Spitze prüft nun, ob der Parteitag am letzten Juni-Wochenende an einem anderen Ort stattfinden kann. Wahrscheinlich werden dann, weil so kurzfristig keine neuen Delegierten gewählt werden können, alle Parteimitglieder eingeladen werden. Dies könnte die Position Luckes im Machtkampf stärken, der für den neoliberalen Flügel der Partei steht.

Deshalb überrascht es auch nicht, dass Luckes schärfste Konkurrentin, die Kovorsitzende Frauke Petry, sowie der Parteivize Alexander Gauland, die zum rechten Flügel zählen, gegen den Antrag stimmten. Gauland allerdings sagte der taz, seine Entscheidung habe keine politischen Gründe, sondern sei weitgehend pragmatisch begründet. Jeder Parteitag könne angefochten werden.

Petry argumentierte, es gebe keine gesicherte Faktenlage, die eine Absage rechtfertige. „Aber wenn wir damit Ende Juni eine Klärung der Führungsfrage erreichen, dann ist es gut“, so Petry gegenüber der taz. „Ich vertraue auf die Vernunft und den gesunden Menschenverstand der Mitglieder.“

Auf dem Parteitag soll eine neue Bundesspitze gewählt und der Machtkampf in der AfD entschieden werden. Lucke und Petry haben nach monatelangen Querelen inzwischen beide ausgeschlossen, gemeinsam weiterzuarbeiten. Also läuft alles auf eine Kampfabstimmung zwischen Lucke und Petry hinaus. Die Zusammensetzung der Delegierten und Äußerungen der letzten Wochen deuteten auf eine Mehrheit für Petry hin.

Viele Anhänger vergrätzt

Diese war in den vergangenen Monaten, häufig begleitet von dem umstrittenen NRW-Landeschef Marcus Pretzell, auf Werbetour in eigener Sache durch die Landesverbände gezogen und hatte mit ihrer offenen Art viele Sympathien gewonnen. Lucke, der den Ruf hat, kompromissunfähig und beratungsresistent zu sein, hatte dagegen mit der Gründung der Initiative „Weckruf 2015“ viele Anhänger endgültig vergrätzt. In dem „Weckruf“ hatte Lucke indirekt gedroht, die Partei zu verlassen, sollte der Parteitag nicht in seinem Sinne entscheiden. Zudem hatte er gewarnt, die AfD könne sich zu einem deutschen Front National entwickeln.

Entsprechend freute sich Lucke-Intimus Hans-Olaf Henkel über den Beschluss des Bundesvorstands. „Die Mitglieder sind wesentlich vernünftiger als viele Funktionäre, insbesondere von rechts außen“, sagte Henkel der taz. Auf einem Mitgliederparteitag erwarte er eine klare Mehrheit für Lucke. „Petry und Pretzell sind verantwortlich für das Chaos“, so Henkel. Sie seien nicht in der Lage, für rechtssichere Delegiertenwahlen im größten Landesverband der AfD zu sorgen. Pretzell ist Landeschef in NRW, Petry hatte den Landesparteitag geleitet.

Auch Bernd Kölmel, Landeschef in Baden-Württemberg und wie Lucke Europaabgeordneter der AfD und „Weckruf“-Initiator, glaubt, dass Lucke bei den Mitgliedern eine „deutliche Mehrheit“ habe. „Bei den Delegierten sind die Fronten verhärteter“, sagte Kölmel.

„Lucke hat das Spiel verloren“

NRW-Landeschef Pretzell sieht das erwartungsgemäß anders. „Lucke hat das Spiel verloren und jetzt schmeißt er das Spielbrett um“, so kommentierte Pretzell den Beschluss des Bundesvorstands. Damit aber gewinne er nur Zeit. Dass die Mitglieder anders entscheiden als die Delegierten, glaube er nicht.

„Schließlich haben die Mitglieder die Delegierten gewählt, vor denen Lucke Angst hat.“ Pretzell aber befürchtet, dass ein Mitgliederparteitag so kurzfristig nicht zu organisieren sei. „5.000 Leute sollte man einplanen.“ Beim letzten Parteitag in Bremen hatten sich 3.000 Mitglieder angemeldet und die Parteiführung an die Grenze des Organisierbaren gebracht.

Entscheidend für die Mehrheiten aber ist nicht nur die Frage, ob Mitglieder oder Delegierte abstimmen dürfen. Wichtig ist auch der Ort, an dem die Versammlung stattfindet. Zu einem Parteitag in Stuttgart kämen andere Mitglieder als in Dresden. Der Bundesvorstand berät derzeit über einen geeigneten Ort.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Zudem hatte er gewarnt, die AfD könne sich zu einem deutschen Front National entwickeln." (Zitat)

     

    Das ist doch das Ziel vieler Mitglieder und Funktionäre. Henkel und Lucke haben dann unfreiwillig eine neue rechtsextremistische Partei gegründet und ihr auch noch ein quasi-bürgerliches Image verpasst.

     

    Die AfD wird sich m.M. selber zerlegen. Das passierte schon der STATT-Partei und der Schill-Partei. Parteigründungen aus diesem Spektrum sind immer sehr fragil, sehr dynamisch und von massiven Konflikte geprägt.

     

    Was in den etablierten Parteien an Ordnung vorhanden ist, wird bei solchen Parteien erst gemacht. Das bedeutet, dass die gewählte Führung manchmal keine Macht mehr hat oder einer vollkommen chaotischen starken Mehrheit gegenüber steht, wie jetzt bei der AfD.

     

    Wer dauerhaft politisch aktiv sein will, der muss das jahrelang praktiziert haben - in Parteien. Nicht in volldurchstrukturierten Verbänden oder Vereinen, wo alle Nerver sofort rausfliegen. Auch Unternehmer scheitern in solchen Pareien, weil sie da kein Kommando haben. Das müssten sie sich ja erst erarbeiten.

     

    Und das 'Nerven' ist in einer Partei ja sogar notwendig - davon leben Parteien zu einem Stück; das gehört dazu.

     

    Mich würde es wundern, wenn die AfD in zehn Jahren noch existiert. Eigenltich kann man die Uhr danach stellen, wann die Partei auseinanderfliegt. Ob dann ein Teil eine neue rechtsextremistische Partei aufmacht, ist wohl die spannende, aber unangenehme Frage.

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Es stimmt. Die AfD ist wirklich anders als die etablierten Parteien. Innerparteiliche Demokratie und gewisse Umgangsformen sind verpönt. Chipstüte und Bierchen auf und weitergucken, das Schmierentheater ...

  • Göttlich.

     

    Pippifax Lucke mit der Larmoyanz-Inkarnation H.-O. Henkel kontra den "Gauleiter" und die Mutterkreuzaspirantin, Lebensborn-Ideologin Petry.

     

    Und dazu kommen im Rahmen des Parteitages erneut schmuddelige Manipulationen und durchsichtige Tricksereien vom Feinsten.

     

    Lindner & Westerwelle können inzwischen hoffen, dass der ganze rechte Laden demnächst implodiert.

     

    Wenn das der Führer wüsste. ;-)))