piwik no script img

Wegen Kunststudenten-Totschlags angeklagtProzessauftakt für rechten Gewalttäter

In Magdeburg beginnt der Prozess gegen einen 21-Jährigen, der einen Kunststudenten an einer Bushaltestelle totgeschlagen haben soll. Das Opfer soll ihn als "Hobby-Nazi" beschimpft haben.

Wegen Volksverhetzung bereits im Gefängnis gesessen: Angeklagter Bastian O. (l., mit Anwalt Jan Robert Funck). Bild: dpa

Unter starken Sicherheitsvorkehrungen begann am Donnerstag vor dem Landgericht Magdeburg das Verfahren gegen Bastian O. Die Staatsanwaltschaft wirft dem einschlägig bekannten Rechtsextremen vor, den Kunststudenten Rick L. tot geschlagen zu haben. Mit frisch rasierter Glatze, Nackentätowierung und "Thor-Steinar"-Kaputzenjacke betrat Bastian O. den Saal. Eine Stellungnahme zum Tatvorwurf von ihm konnte Journalisten und Besucher aber nicht mehr hören.

Nach der Verlesung der Anklage war die Öffentlichkeit unerwünscht. Kaum hatte der Verteidiger von Bastian O. mit seiner Stellungnahme begonnen, fragt der Richter, ob nicht aus Rücksicht auf den Angeklagten die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden sollte. Denn zur Tatzeit war der heute 21-Jährige noch 20 Jahre alt und könnte so nach dem Jugendstrafrecht behandelt werden. Staatsanwältin und Nebenkläger widersprachen ohne Erfolg. Dabei hatte gerade in der Öffentlichkeit die Frage, inwieweit Polizei und Staatsanwaltschaft einen möglichen politischen Tathintergrund ausblenden würden, für Aufregung gesorgt.

Zwei Tage nach der Tat am 13. August dieses Jahres hatte die Polizei Bastian O. wegen dringenden Tatverdacht festgenommen. In jener Nacht um 4.30 Uhr soll er in der Nähe der Magdeburger Diskothek "Funpark" Rick L. so schwer durch Schläge und Tritte verletzt haben, das sein Opfer an seinem eigenen Blut erstickte. Ein Spaziergänger fand am frühen Samstagmorgen den "leblosen Körper" und informierte die Polizei.

Vor dem Prozess betonte Thomas Weber vom "Bündnis gegen Rechts": "Wir erhoffen uns von der juristischen Aufarbeitung eine Beantwortung der Frage, weshalb Rick sterben musste und ob eine rechtsextreme Tatmotivation vorlag". Umso notwendiger wäre es gewesen, glaubt Weber, dass Prozessverlauf und auch die Urteilsverkündigung öffentlich nachvollziehbar stattgefunden hätte. "Die Entscheidung, die Öffentlichkeit aus Rücksicht auf die weitere Persönlichkeitsentwicklung des Angeklagten auszuschließen, ist für uns nicht nachvollziehbar", betont er.

Bereits im Mai 2006 wurde Bastian O. wegen gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und räuberischer Erpressung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Erst im Februar 2008 war er aus der Haft entlassen worden. Der Polizei ist Bastian O. seit 2003 als "rechter Gewalttäter" bekannt.

In der Anklageschrift wird die Zugehörigkeit des Angeklagten zur rechtsextremen Szene benannt. Die Staatsanwältin erklärte zudem, das er an dem Tatabend entsprechen gekleidet war und verstärkte Handschuhe bei sich trug. Nach Aktenlage soll Bastian O. auf dem Heimweg von der Diskothek an der Bushaltestelle "Pallasweg“ auf sein späteres Opfer getroffen sein. Rick L. der in Braunschweig Kunstwissen- und Geschichtswissenschaft studierte, war zu Besuch in seiner Heimatstadt.

Die an ihn gerichtete Frage nach einer Zigarette, trug die Staatsanwältin vor, habe Rick L. mit den Worten beantwortet, ein Hobby-Nazi bekäme von ihm keine Zigarette. Der Angeklagte schlug in Wut mit der Faust, verstärkt durch den Handschuhe, gegen den Kopf seines Opfers. Als Rick L. zu Boden ging trat Bastian O. mit seinen Springerstiefeln gegen Kopf, Bauch und Genitalbereich. Als Rick L. sich nicht mehr regte, habe der Angeklagte die Wertsachen des Opfers an sich genommen.

Wenn das Gericht, jenen Satz von Rick L. berücksichtig, müsste die Tat als politisch motiviert bewertet werden. "Dann wäre der Totschlag nach den Kriterien der Sicherheitsbehörden als politisch motivierte Kriminalität – rechts zu werten“, hebt Weber hervor. Rick L. wäre nach Torsten Lamprecht und Frank Böttcher der dritte junge Mann, der in den letzten 15 Jahren an den Folgen rechter Gewalt in Magdeburg starb. Am 20. Januar 2009 soll das Urteil fallen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • S
    sunflower

    Dem Beitrag von Wossi kann ich nur voll zustimmen. Und noch etwas: ich bedauere alle Flüchtlinge aus Krisengebieten, aber auch Akademiker mit erkennbar anderer ethnischer Herkunft, wenn diese in einem der neuen Bundesländer wohnen und arbeiten sollen.

     

    Und wäre ich ein Unternehmer, der eine neue Produktion irgendwo in Deutschland aufbauen will und dafür auch z.B. Ingenieure nichtdeutscher Herkunft einstellen müsste....ich würde es niemals in Brandenburg, Sachsen-Anhalt usw. machen.

     

    Wann werden die Richter endlich klug und setzen knallharte Strafen ein, also das jeweilige Höchstmaß? Für diesen Fall: keine Ausblendung der politischen Motivation und keine Jugendstrafe bitte! Mit 18 ist man hier volljährig, darf für sich die Verantwortung übernehmen: dann bitte auch für solche unmenschlichen Taten.

     

    Die rechte Szene lacht über Deutschland und seine Milde - und wächst und wächst und wächst!

  • W
    Wossi

    Sachsen-Anhalt im August 2008, ein Monat und drei Tote, erschlagen durch einschlägig vorbestrafte rechte Schläger: am 1. August ein Obdachloser in Dessau, am 16. August der Student Rick L. in Magdeburg und am 24. August der Hilfsarbeiter Marcel W. in Bernburg. Rechte Gewalt ist in Sachsen-Anhalt ganz normal geworden. Es bedarf gar nicht mehr der Feindschaft gegen eine bestimmte Opfergruppe. Mal wird einfach die günstige Gelegenheit angesichts der Wehrlosigkeit eines Opfers genutzt (Dessau). Ein anderes Mal gibt die unvorsichtige Reaktion auf eine rechte Provokation den Anlass, um die Gewalt bis zum Exzess zu treiben (Rick L.). Und nicht zuletzt entledigen sich die rechten Schläger durch Mord unliebsamer Zeugen in Strafverfahren (Marcel W.).

    Die Masche ist dabei immer dieselbe: möglichst keine Zeugen hinterlassen, dann hartnäckig schweigen und die Verteidigung einschlägig bekannten Rechtsanwälten überlassen. Wenn man sich an diese Regeln hält, dann kann man sich der Solidarität und Unterstützung durch die rechte Szene sicher sein und wird womöglich als Held und Märtyrer gefeiert. Und man kann auf Polizei und Justiz setzen, die in gewohnter Art und Weise agiert, irgendwo zwischen Inkompetenz, Dummheit, Naivität oder sogar Sympathie. Ein politisches oder fremdenfeindliches Motiv wird im Prozess so gut wie nie anerkannt, dafür werden aber entlastende Momente (Alkohol, Arbeitslosigkeit, Alter, Milieu …) ausreichend gewürdigt. Am Ende steht ein Freispruch aus Mangeln an Beweisen oder eine niedrige Strafe, womöglich auf Bewährung ausgesetzt.

    Und die Politik? Die ist bemüht, dass nicht allzu viel an die große Glocke gehängt wird und spricht von bedauerlichen Einzelfällen, die nicht verallgemeinert werden dürften. Das wird vom gemeinen Volk verstanden, ist es doch ein Hinweis, dass es hier um „mehr“ geht als um ein paar Tropfen Blut. Es geht um den eigenen Ruf, und um den zu retten, ist fast alles erlaubt, nur kosten darf es nicht allzu viel. Und so schließen sich auch die letzten Reihen zu einer Trutzburg und die Stimmung wendet sich gegen diejenigen, die zu starrsinnig an Werten wie Menschenrechte, Demokratie oder Rechtsstaat festhalten. Aber was machen schon ein paar Leichen im Keller, wenn nur alle geschlossen genug die Kellertür versperren.

    Sachsen-Anhalt im August 2008, war da was?

  • S
    sunflower

    Dem Beitrag von Wossi kann ich nur voll zustimmen. Und noch etwas: ich bedauere alle Flüchtlinge aus Krisengebieten, aber auch Akademiker mit erkennbar anderer ethnischer Herkunft, wenn diese in einem der neuen Bundesländer wohnen und arbeiten sollen.

     

    Und wäre ich ein Unternehmer, der eine neue Produktion irgendwo in Deutschland aufbauen will und dafür auch z.B. Ingenieure nichtdeutscher Herkunft einstellen müsste....ich würde es niemals in Brandenburg, Sachsen-Anhalt usw. machen.

     

    Wann werden die Richter endlich klug und setzen knallharte Strafen ein, also das jeweilige Höchstmaß? Für diesen Fall: keine Ausblendung der politischen Motivation und keine Jugendstrafe bitte! Mit 18 ist man hier volljährig, darf für sich die Verantwortung übernehmen: dann bitte auch für solche unmenschlichen Taten.

     

    Die rechte Szene lacht über Deutschland und seine Milde - und wächst und wächst und wächst!

  • W
    Wossi

    Sachsen-Anhalt im August 2008, ein Monat und drei Tote, erschlagen durch einschlägig vorbestrafte rechte Schläger: am 1. August ein Obdachloser in Dessau, am 16. August der Student Rick L. in Magdeburg und am 24. August der Hilfsarbeiter Marcel W. in Bernburg. Rechte Gewalt ist in Sachsen-Anhalt ganz normal geworden. Es bedarf gar nicht mehr der Feindschaft gegen eine bestimmte Opfergruppe. Mal wird einfach die günstige Gelegenheit angesichts der Wehrlosigkeit eines Opfers genutzt (Dessau). Ein anderes Mal gibt die unvorsichtige Reaktion auf eine rechte Provokation den Anlass, um die Gewalt bis zum Exzess zu treiben (Rick L.). Und nicht zuletzt entledigen sich die rechten Schläger durch Mord unliebsamer Zeugen in Strafverfahren (Marcel W.).

    Die Masche ist dabei immer dieselbe: möglichst keine Zeugen hinterlassen, dann hartnäckig schweigen und die Verteidigung einschlägig bekannten Rechtsanwälten überlassen. Wenn man sich an diese Regeln hält, dann kann man sich der Solidarität und Unterstützung durch die rechte Szene sicher sein und wird womöglich als Held und Märtyrer gefeiert. Und man kann auf Polizei und Justiz setzen, die in gewohnter Art und Weise agiert, irgendwo zwischen Inkompetenz, Dummheit, Naivität oder sogar Sympathie. Ein politisches oder fremdenfeindliches Motiv wird im Prozess so gut wie nie anerkannt, dafür werden aber entlastende Momente (Alkohol, Arbeitslosigkeit, Alter, Milieu …) ausreichend gewürdigt. Am Ende steht ein Freispruch aus Mangeln an Beweisen oder eine niedrige Strafe, womöglich auf Bewährung ausgesetzt.

    Und die Politik? Die ist bemüht, dass nicht allzu viel an die große Glocke gehängt wird und spricht von bedauerlichen Einzelfällen, die nicht verallgemeinert werden dürften. Das wird vom gemeinen Volk verstanden, ist es doch ein Hinweis, dass es hier um „mehr“ geht als um ein paar Tropfen Blut. Es geht um den eigenen Ruf, und um den zu retten, ist fast alles erlaubt, nur kosten darf es nicht allzu viel. Und so schließen sich auch die letzten Reihen zu einer Trutzburg und die Stimmung wendet sich gegen diejenigen, die zu starrsinnig an Werten wie Menschenrechte, Demokratie oder Rechtsstaat festhalten. Aber was machen schon ein paar Leichen im Keller, wenn nur alle geschlossen genug die Kellertür versperren.

    Sachsen-Anhalt im August 2008, war da was?

  • S
    sunflower

    Dem Beitrag von Wossi kann ich nur voll zustimmen. Und noch etwas: ich bedauere alle Flüchtlinge aus Krisengebieten, aber auch Akademiker mit erkennbar anderer ethnischer Herkunft, wenn diese in einem der neuen Bundesländer wohnen und arbeiten sollen.

     

    Und wäre ich ein Unternehmer, der eine neue Produktion irgendwo in Deutschland aufbauen will und dafür auch z.B. Ingenieure nichtdeutscher Herkunft einstellen müsste....ich würde es niemals in Brandenburg, Sachsen-Anhalt usw. machen.

     

    Wann werden die Richter endlich klug und setzen knallharte Strafen ein, also das jeweilige Höchstmaß? Für diesen Fall: keine Ausblendung der politischen Motivation und keine Jugendstrafe bitte! Mit 18 ist man hier volljährig, darf für sich die Verantwortung übernehmen: dann bitte auch für solche unmenschlichen Taten.

     

    Die rechte Szene lacht über Deutschland und seine Milde - und wächst und wächst und wächst!

  • W
    Wossi

    Sachsen-Anhalt im August 2008, ein Monat und drei Tote, erschlagen durch einschlägig vorbestrafte rechte Schläger: am 1. August ein Obdachloser in Dessau, am 16. August der Student Rick L. in Magdeburg und am 24. August der Hilfsarbeiter Marcel W. in Bernburg. Rechte Gewalt ist in Sachsen-Anhalt ganz normal geworden. Es bedarf gar nicht mehr der Feindschaft gegen eine bestimmte Opfergruppe. Mal wird einfach die günstige Gelegenheit angesichts der Wehrlosigkeit eines Opfers genutzt (Dessau). Ein anderes Mal gibt die unvorsichtige Reaktion auf eine rechte Provokation den Anlass, um die Gewalt bis zum Exzess zu treiben (Rick L.). Und nicht zuletzt entledigen sich die rechten Schläger durch Mord unliebsamer Zeugen in Strafverfahren (Marcel W.).

    Die Masche ist dabei immer dieselbe: möglichst keine Zeugen hinterlassen, dann hartnäckig schweigen und die Verteidigung einschlägig bekannten Rechtsanwälten überlassen. Wenn man sich an diese Regeln hält, dann kann man sich der Solidarität und Unterstützung durch die rechte Szene sicher sein und wird womöglich als Held und Märtyrer gefeiert. Und man kann auf Polizei und Justiz setzen, die in gewohnter Art und Weise agiert, irgendwo zwischen Inkompetenz, Dummheit, Naivität oder sogar Sympathie. Ein politisches oder fremdenfeindliches Motiv wird im Prozess so gut wie nie anerkannt, dafür werden aber entlastende Momente (Alkohol, Arbeitslosigkeit, Alter, Milieu …) ausreichend gewürdigt. Am Ende steht ein Freispruch aus Mangeln an Beweisen oder eine niedrige Strafe, womöglich auf Bewährung ausgesetzt.

    Und die Politik? Die ist bemüht, dass nicht allzu viel an die große Glocke gehängt wird und spricht von bedauerlichen Einzelfällen, die nicht verallgemeinert werden dürften. Das wird vom gemeinen Volk verstanden, ist es doch ein Hinweis, dass es hier um „mehr“ geht als um ein paar Tropfen Blut. Es geht um den eigenen Ruf, und um den zu retten, ist fast alles erlaubt, nur kosten darf es nicht allzu viel. Und so schließen sich auch die letzten Reihen zu einer Trutzburg und die Stimmung wendet sich gegen diejenigen, die zu starrsinnig an Werten wie Menschenrechte, Demokratie oder Rechtsstaat festhalten. Aber was machen schon ein paar Leichen im Keller, wenn nur alle geschlossen genug die Kellertür versperren.

    Sachsen-Anhalt im August 2008, war da was?