Wegen Kooperation mit der Bundeswehr: Streit unter Pazifisten
Das Deutsche Rote Kreuz verklagt die DFG-VK. Die Friedensgesellschaft hatte die Zusammenarbeit des DRK mit der Bundeswehr kritisiert.
„Wir sind aus allen Wolken gefallen“, sagt der stellvertretende politische Geschäftsführer der Friedensgesellschaft, Michael Schulze von Glaser. Es habe keine Vorwarnung gegeben und bis jetzt stehe man nur mit Juristen des DRK in Kontakt. „Die schießen mit Kanonen auf Spatzen“, sagt Schulze von Glaser.
Dieter Schütz, Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes, verteidigt die Forderungen: „Das ist unser übliches Vorgehen. Erfahrungen haben gezeigt, dass ohne Anwälte nichts passiert“, so Schütz. Ihn stört nicht primär der Inhalt der Kampagne, sondern die Plattform. Die Friedensaktivisten hatten sich die Domain www.deutsches-rotes-kreuz.net gesichert und dort im Layout einer aktuellen Spendenkampagne des DRK protestiert. „Selbstverständlich hat die DFG das Recht, sich kritisch mit dem DRK auseinanderzusetzen. Doch durch die Domain entsteht der Eindruck, dass die Inhalte vom DRK selbst stammen“, sagt Schütz.
Inzwischen hat die DFG-VK die Webseite der Kampagne vorsichtshalber offline gestellt. Die Unterlassungserklärung wolle man aber nicht abgeben. „Wir sind nicht heiß auf einen Rechtsstreit, aber im Zweifel muss der geführt werden. Wir wollen an unserer inhaltlichen Kritik festhalten“, sagt Schulze von Glaser. Konkret fordert sein Verband einen Spendenboykott gegen das DRK, bis dieses seine Zusammenarbeit mit der deutschen Armee einstellt.
Mahnung zur Einhaltung der Grundsätze
Tatsächlich unterhält das DRK seit 2009 einen Beauftragten für zivil-militärische Zusammenarbeit. Im November 2015 hat es eine zentrale Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, die gemeinsame Fortbildungen und humanitäre Einsätze vorsieht. Laut DFG-VK verstößt das DRK damit gegen zwei seiner Grundsätze: Unabhängigkeit und Neutralität.
Gegen diese Kritik wehrt sich das Rote Kreuz jedoch. „2014 hatten wir einen gemeinsamen Einsatz mit der Bundeswehr gegen Ebola in Westafrika. Da kann man nicht sagen, dass die Bundeswehr Gewalt ausgeübt hat, und das ist wohl auch kaum deren Selbstverständnis“, sagt Schütz. Er betont, dass bei der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr die Einhaltung der DRK-Grundsätze gewährleistet sei. Sowohl im humanitären Völkerrecht als auch im DRK-Gesetz sei geregelt, dass das Rote Kreuz im Sanitätsdienst der Bundeswehr mitwirke.
Michael Schulze von Glaser, DFG-VK
Wenn das DRK in Gebieten bewaffneter Konflikte tätig wird, sei es gemäß den Genfer Abkommen auch nie in Operationen der Streitkräfte integriert. Schütz erinnert vor diesem Hintergrund an den Gründer des Roten Kreuzes, Henry Dunant: „Er wollte den Menschen unabhängig von ihrer Nationalität und ihrer Uniform helfen. Von dieser ursprünglichen Idee haben wir uns nie verabschiedet.“
Der Verweis auf die Geschichte ist indes nicht ganz frei von Ironie. Schließlich stand Dunant der DFG-Gründerin Bertha von Suttner nahe. Suttner hatte Dunant 1902 als ersten Friedensnobelpreisträger vorgeschlagen. Dieser Frieden ist seit letzter Woche gebrochen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden