Wasserkraftwerk in Tadschikistan: Der Bau des Monster-Damms beginnt
335 Meter hoch soll die Staumauer für das umstrittene Wasserkraftwerk Rogun werden. Sie wäre damit der höchste Wasserdamm der Welt.
Tadschikistan ist eines der ärmsten Länder der Welt, Stromabschaltungen sind für die acht Millionen Einwohner der zentralasiatischen Exsowjetrepublik Normalität. Vor allem im tadschikischen Winter mit seinen Temperaturen von bis zu minus 45 Grad sind sie besonders schmerzhaft, denn es wird überwiegend mit Strom geheizt.
Der Strom wird zu 99 Prozent aus Wasserkraft gewonnen. Präsident Emomalii Rachmon bezeichnete den Baubeginn deshalb als „Erfolg des Jahres“. Der Startschuss fällt nicht zum ersten Mal: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden die ersten Arbeiten 1993 wegen fehlender Finanzierung eingestellt.
Nach zwei weiteren vergeblichen Versuchen, den Bau zu finanzieren, rief Tadschikistan 2011 die Weltbank um Hilfe: Finanziert wird das Projekt mit 3.600 Megawatt Leistung nun überwiegend von internationalen Geldgebern. Der erste Teil des Wasserkraftwerks soll Ende 2018 in Betrieb gehen. Pro Jahr sollen 13 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und so große Gebiete Zentralasiens mit elektrischer Energie versorgt werden.
Vor allem in Usbekistan klingeln wegen des Baus allerdings die Alarmglocken: Es dauert mindestens fünf Jahre, bis sich das knapp 12 Quadratkilometer große Staubecken gefüllt haben wird. Die usbekische Regierung hat in Taschkent offiziell Protest gegen die Befüllung des Reservoirs von Rogun eingelegt, weil dies erhebliche Probleme für die Wasserversorgung Usbekistans mit sich bringe.
Streit um die Ressource Wasser
Schon heute leiden die Usbeken unter Wassermangel, der Amurdarja – einst größter Strom Zentralasiens – versiegt, lange bevor er den Aralsee erreicht. Über diesem entstand noch vor 40 Jahren ein Viertel jenes Niederschlages, der in den zentralasiatischen Bergen die Flüsse füllte.
Rogun ist nicht der einzige Damm am Fluss Wachsch. Im Unterlauf liegt das 1961 begonnene Kraftwerk Nurek mit 3.000 Megawatt Leistung. Zudem liefern das Kraftwerk Baipaza und das Kraftwerk Sangtuda 2 Strom.
„Wir werden das Wasser doppelt nutzen“, sagte der tadschikische Ökologe Alikhon Latifi der Deutschen Welle: „Zum einen wird es die Turbinen im Wasserkraftwerk Rogun antreiben, zum anderen ermöglicht es den Betrieb des stromabwärts liegenden Wasserkraftwerks Nurek das ganze Jahr über.“ Fließt im Wachsch nämlich zu wenig Wasser, müssen derzeit die Nurek-Turbinen angehalten werden – vor allem im Winter.
„Nach dem Bau von Rogun würde Nurek völlig unabhängig von jahreszeitlichen Wasserschwankungen sein“, hofft Latifi. Eben weil der weiter oben liegende Rogun-Damm dann bereits das Nass aufgestaut hat.
Falls es künftig überhaupt noch reicht. „Uns wird das Wasser knapp“, sagt Wladimir Romanowski, der das Labor des „Instituts für Wasserprobleme und Hydroelektroenergie“ an der Kirgisischen Akademie der Wissenschaften leitet. Nirgendwo habe sich die Erde schneller erwärmt als in Zentralasien, „bei uns ist die Temperatur in nur 40 Jahren im Jahresmittel um 2 Grad gestiegen“, so Romanowski.
Er gibt aber auch Usbekistan und Kasachstan Mitschuld am Wassermangel – „auch wegen der gigantischen Bewässerungsprojekte unten in den Wüsten“. Usbekistan ist weltgrößter Baumwollexporteur und gräbt für den Anbau die Flüsse ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!