Wasserbetriebe-Rückkauf: Wasser marsch erst nach der Sommerpause
Aus der SPD kommt Zustimmung zum Rückkaufplan von Finanzsenator Nußbaum. Trotzdem ist das Vorhaben in Gefahr.
Bei der SPD findet der Plan, den Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) zur Teilrekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe verfolgt, Zustimmung. Zugleich zeichnet sich ab: Das Vorgehen, das die Berliner per Volksentscheid forderten, wird sich verzögern.
„Es ist ein sehr positiver Verhandlungsstand“, sagte Daniel Buchholz, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, am Freitag der taz. Die Finanzierung durch eine neue landeseigene Gesellschaft hält er für einen „machbaren Weg“. Auch in der „AG Daseinsvorsorge“ der SPD-Fraktion, die Buchholz leitet, gehe die Tendenz klar in Richtung Zustimmung.
Nußbaum plant, den RWE-Anteil an den Wasserbetrieben für rund 654 Millionen Euro zurückzukaufen – finanziert durch die zukünftigen Erlöse. Der Landeshaushalt soll nicht belastet werden, auch die Wasserpreise sollen deswegen nicht steigen (taz berichtete). Laut Nußbaums Eckpunktepapier sollte der Senat noch vor der Sommerpause einen Beschluss fassen. Zum Zeitplan sagte Kathrin Bierwirth, Sprecherin der Finanzverwaltung, auf taz-Anfrage: „RWE und Veolia müssen ihre rechtlichen Auseinandersetzungen klären.“ Erst dann könne ein unterschriftsreifer Vertrag eingebracht werden.
Nur bis Jahresende
Veolia ist wie RWE zu 24,95 Prozent an den Wasserbetrieben beteiligt. Das Unternehmen vertritt die Ansicht, dass es einem Verkauf des REW-Anteils zustimmen muss, und will den Verkauf stoppen. Nachdem das Landgericht einen entsprechenden Antrag am Mittwoch zurückgewiesen hatte, kündigte Veolia an, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen. Noch hat das Gericht aber keine schriftliche Urteilsbegründung formuliert; dafür hat es bis zu drei Wochen Zeit. Erst dann kann Veolia formal Berufung einlegen und eine Begründung nachliefern – weitere zwei Monate können verstreichen.
Kommt es nicht vorher zu einer Einigung, wird es für das Land zeitlich eng; das ganze Projekt gerät in Gefahr. Denn die Rückkaufoption besteht nur für dieses Jahr. Bis 31. Dezember muss der Vollzug des Vertrags erfolgt sein. Kritiker bemängeln, dass die Wasserpreise nach der jetzigen Berechnung trotz des Rückkaufs nicht deutlich sinken werden. Das war stets als Ziel der Rekommunalisierung formuliert worden.
Leser*innenkommentare
Thomas Rudek
Gast
Sehr geehrter Herr Erb,
Sie schreiben hinsichtlich des Rückkauf-Deals in Höhe von sage und schreibe 645 Mio. €: "Kommt es nicht vorher zu einer Einigung, wird es für das Land zeitlich eng; das ganze Projekt gerät in Gefahr. Denn die Rückkaufoption besteht nur für dieses Jahr. Bis 31. Dezember muss der Vollzug des Vertrags erfolgt sein."
Warum diese Eile? Soll möglicherweise das Projekt des Volksentscheids gefährdet werden? Soll die im Volksgesetz vorgesehene Prüfung und Anfechtung der Verträge unterlaufen werden? Als Verfasser des Volksgesetzes kann ich nur staunen, wie die Exekutive vorprescht und Fakten schafft. Die entscheidende Frage stellen Sie in Ihrem Artikel leider nicht: Was macht RWE, wenn der Deal bis zum Jahresende nicht zustande kommt?
Für Rückfragen zum Volksentscheid stehe ich Ihnen als Verfasser und Urheber des Volksentscheids gerne zur Verfügung. Meine Kontaltdaten finden Sie leider nicht mehr auf der Homepage des Wassertischs - dort sind bezeichnenderweise die Kontaktdaten der Juristin Sabine Finkenthei wie meine Daten von Netzwerkandministrator Gerhard Seyfarth gelöscht worden. Sie finden unsere Kontaktdaten unter www.wasserbuerger.de.
BerlinerBürger
Gast
Sowohl die Politiker als auch größtenteils die Medien sollten endlich begreifen:
Die Berliner wollen keine privaten Konzerne, die die Wasserbetriebe betreiben. Sie wollen, dass Güter wie Wasser, Strom, S-Bahn nicht privatisiert sind oder werden. Sie wollen auch nicht PPP/ÖPP (öffentlich-privte Partnerschaften), die sich erwiesenermaßen nicht als positiv für die Länder, Kommunen und Städte und damit für die Bürger erweisen!
Hingucker
Gast
Jetzt schnell Deckel drauf?
Ist wirklich Eile geboten, weil sonst ist das Projekt RWE-Rückkauf in Gefahr gerät?
Nein, es ist deshalb Eile geboten, weil die Berliner Öffentlichkeit die Rückabwicklung der Verträge auf dem Klagewege fordern könnte! Die kostengünstigste Art der Rekommunalisierung wäre, wenn ein Gericht die Verfassungswidrigkeit der Verträge und damit deren Nichtigkeit feststellen würde. Davon wären dann beide privaten Konzerne betroffen.
Wenn jetzt schnell die RWE Anteile zurückgekauft werden sollen, dient das vor allem dazu, die Rekommunalisierungsdiskussion zum Schweigen zu bringen und zu verhindern, dass in einem gerichtlichen Verfahren, die Rolle eines Wowereit bei der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe im Jahre 1999 ans Tageslicht kommt.
die wahre taz
Gast
Liebe Taz,
die Initiatoren vom Wassertisch haben das Volksbegehren mit dem Ziel einer Rückabwicklung der gesetzeswidrigen Verträge gestartet. Deshalb fordern sie zur Zeit ganz vehement: Rückabwicklung statt Rückkauf.
Mit dem Rückkauf wird dem Wasserkonzern völlig unnötigerweise erneut Geld hinterhergeworfen. Übrigens von der gleichen Koalition, die die unsäglichen Verträge einst ausgehandelt hat.
Die SPD ist sicherlich nicht der Ansprechpartner für die Interpretation eines Volksentscheids, den sie vehement bekämpft hat. Bevor ihr das nächste Mal über das Wasser-Thema schreibt, schaut doch mal auf die Wassertisch-Seiten: www.berliner-wassertisch.info oder www.berliner-wassertisch.net - dort findet ihr "Das Vorgehen, das die Berliner per Volksentscheid forderten" beschrieben.