Wasser: Senat gibt sich feuchtfröhlich
Der Senat will den RWE-Anteil an den Wasserbetrieben zurückkaufen. Die Opposition nennt den Deal einen "Schlag ins Gesicht" – obwohl sie die Rekommunalisierung gefordert hatte.
Jetzt wird’s amtlich: Am Dienstag will Berlin den RWE-Anteil an den Wasserbetrieben zurückkaufen. Darüber hat Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) die Fraktionsspitzen des Parlaments informiert.
Seit November 2010 hatte der Senat mit RWE über einen Rückkauf der 1999 zu 24,9 Prozent verkauften Wasserbetriebe verhandelt. Laut einer internen Vorlage von Nußbaum einigte man sich auf einen Kaufpreis von 654 Millionen Euro. Eine Senatssprecherin bestätigte, dass der Senat das Geschäft auf seiner Sitzung am Dienstag besiegeln will.
Und Rot-Schwarz macht Tempo: Bereits am Mittwoch soll der Vertrag notariell beurkundet werden. Das Abgeordnetenhaus könnte nach der Sommerpause über den Rückkauf abstimmen. Den Fraktionen versprach die Finanzverwaltung, den Vertrag „unmittelbar nach Abschluss“ im Amtsblatt zu veröffentlichen – im Sinne des 2011 erfolgreichen Volksentscheids zur Offenlegung der Wasserverträge.
Der Wassertisch, Initiator des Entscheids, und die Opposition kritisierten den Rückkauf dennoch. „Zu eilig und zu teuer“, nannte ihn die Grüne Heidi Kosche. Hätte der Senat die vom Kartellamt verfügte Preissenkung einbezogen, wäre der Preis „weitaus niedriger“ ausgefallen. Das Kartellamt hatte im Juni die Berliner Wasserpreise als überteuert kritisiert und eine Senkung um knapp ein Fünftel verfügt. Die Wasserbetriebe halten das Kartellamt dagegen für nicht zuständig. Dem widersprach in der vergangenen Woche das Oberverwaltungsgericht Münster. Ein finaler Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf steht aus. Die Senkung ergäbe eine Ersparnis von 15 Euro pro Verbraucher im Jahr.
Pirat Gerwald Claus-Brunner nannte den Rückkauf einen „Schlag ins Gesicht der Steuerzahler und Unterstützer des Volksbegehrens“. Die Piraten hatten wie die Initiative Wassertisch die Rückabwicklung der 1999 geschlossenen und in ihren Augen verfassungswidrigen Privatisierungsverträge gefordert. Dann, so Claus-Brunner, hätte der Senat nur den Kaufpreis von 1999 „minus zu viel erzielter Einnahmen“ erstatten müssen und eine „dreistellige Millionensumme“ gespart. „Das ist aber noch nicht mal geprüft worden.“ Stattdessen schaffe der Senat nun Fakten und übergehe das Parlament.
Uwe Doering, parlamentarischer Geschäftsführer der Linken, forderte „schnellstmögliche“ Transparenz des Kaufvertrags. Auch lasse der Senat bisher völlig offen, wie es mit den Wasserbetrieben nach dem Rückkauf weitergehen solle.
Nußbaum will den RWE-Anteil mit einem Kredit einer eigens gegründeten landeseigenen Finanzierungsgesellschaft bezahlen. Der Kredit soll dann aus den Gewinnen der Wasserbetriebe in den nächsten Jahrzehnten finanziert werden. Sinkende Wasserpreise sind damit laut der internen Senatsvorlage nur bis 2018 zu erwarten.
Die Finanzverwaltung wollte sich zu dem Kauf erst „nach einer Senatsentscheidung“ äußern. Unkommentiert ließ sie auch ihre Gespräche mit Veolia, dem zweiten privaten Anteilseigner der Wasserbetriebe. Nußbaum hatte auch hier von Verkaufsabsichten berichtet, Veolia prüft aber auch andere Möglichkeiten. Das Unternehmen wollte sich ebenso nicht äußern.
Ausschlaggebend könnte auch ein Streit zwischen dem Land und den beiden Privaten vor einem Schiedsgericht sein. RWE und Veolia fordern mehr als 300 Millionen Euro, die ihnen aufgrund eines Urteils des Landesverfassungsgerichts von 2003 und einer Neuverteilung der Wassergewinne entgangen seien. Eine Entscheidung steht noch aus.
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