Wasser: Mahnung an Nußbaum
Nach der taz-Enthüllung über die mögliche Kostenexplosion warnen Opposition wie Koalition vor einem überteuerten Rückkauf der Wasserbetriebe.
Druck auf den Finanzsenator: Die Opposition fordert Ulrich Nußbaum (parteilos) auf, einen überteuerten Rückkauf des Veolia-Anteils an den Wasserbetrieben zu vermeiden. Auch in der Koalition wird gewarnt.
Seit Mai verhandelt der Senat mit dem Energiekonzern über einen Rückkauf. 1999 hatte Berlin Anteile an den Wasserbetrieben zu je einem Viertel an RWE und Veolia verkauft. RWE gab seinen Anteil bereits im letzten Jahr für 618 Millionen Euro zurück.
Die taz veröffentlichte interne Senatspapiere, wonach Nußbaum bei Veolia offenbar einen weit höheren Preis erwartet. Demnach sind allein für ein laufendes Schiedsverfahren mit dem Konzern zusätzlich 150 Millionen Euro eingeplant. Bei RWE waren es 60 Millionen Euro. Auch sollen die Wasserpreise nur kurzfristig sinken und bereits ab 2016 wieder steigen, um mit den Gewinnen die Kredite für den Rückkauf abzuzahlen.
Die Fraktionen von SPD und CDU fordern dagegen einen Preis unterhalb der 618 RWE-Millionen. SPD-Energieexperte Daniel Buchholz sagte am Freitag, die RWE-Summe sei „oberste Messlatte“. Die 150 Millionen für das Schiedsverfahren nannte er „überraschend hoch“, aber „unumgänglich“. Der vollständige Rückkauf stehe nicht in Frage.
Für die Piraten schon. „Erstmal sollte unsere Organklage abgewartet werden“, sagte Gerwald Claus-Brunner. Die Piraten fechten die 1999 geschlossenen Privatisierungsverträge als „verfassungswidrig“ an. Sei dies erfolgreich, so Claus-Brunner, könne der Verkauf an Veolia rückabgewickelt werden – und das für nicht mehr als 200 Millionen Euro, da unrechtmäßige Gewinne verrechnet würden. „Alles über dieser Summe ist zu teuer.“
Steffen Zillich von den Linken nannte den Rückkauf dagegen „absolut notwendig“, um die Gewinngarantie für Veolia loszuwerden. Gleichzeitig müsse aber auch das Land auf Gewinne verzichten, um so dauerhaft niedrigere Wasserpreise durchzusetzen, forderte Zillich. „Darauf gibt es einen Anspruch des Bundeskartellamts.“
Die Behörde hatte 2012 verordnet, die Berliner Wasserpreise um ein Sechstel zu senken. Bisher verteilten die Wasserbetriebe aber nur Rabattgutschriften unter Vorbehalt. "Der Vorbehalt muss weg", sagte auch SPD-Mann Buchholz. Die Wasserpreise müssten "dauerhaft und echt" gesenkt werden.
Der Wassertisch bekräftigte das Ziel einer „Rekommunalisierung, aber nicht zu Veolias Bedingungen“. Die im taz-Bericht genannten Zahlen seien „weit überzogen“. Der abgespaltene zweite Wassertisch kritisierte wie die Piraten, dass der Senat nicht die Organklage abwarte. "Hier sollen schnell Fakten geschaffen werden", fürchtete ein Sprecher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ministerpräsident in Thüringen gewählt
Mario Voigt schafft es im ersten Versuch
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“