Wasser für Tempelhofer Feld: Senat macht Feldfreunde nass
Bald könnten Bagger anrollen, um ein Wasserbecken auf dem Tempelhofer Feld anzulegen. Bebauungsgegner und Naturschützer wollen das verhindern.
Die Bauzäune schlängeln sich schon über die ehemalige Landebahn. „Betreten der Baustelle verboten“, verkünden Schilder. Seit dieser Woche rückt der Senat auf dem Tempelhofer Feld seinen Bebauungsplänen näher: Er startete mit den Vorbereitungen für ein Wasserbecken.
Daniela Augenstein, Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD), sagte, es handele sich „nur um bauvorbereitende Maßnahmen“. Die Arbeiten begännen erst, wenn eine Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) geklärt sei. Falle das Urteil zugunsten der Verwaltung aus, würde als Erstes der Bodenaushub für das 3,1 Hektar große Becken erfolgen: „Wir wollen bewusst den Winter nutzen, damit die Einschränkungen für Parkbesucher nicht in die schönste Sommerzeit fallen.“
Das 500 Meter lange und 11 Millionen Euro teure Becken soll sichelförmig vor dem Vorfeld des Flughafengebäudes entstehen. Dort soll es das Regenwasser vom Dach des Flughafengebäudes und den betonierten Flächen auffangen. Um das Bassin ist ein bis zu 3 Meter hoher Damm geplant. Dazu kommt ein neuer Rundweg quer durchs Feld.
Nur: Seit September sammelt die Bürgerinitiative „100 % Tempelhof“ Unterschriften im Rahmen eines Volksbegehrens, damit das Feld gänzlich unbebaut bleibt. Sprecher Julius Dahms bezeichnete die Aufstellung des Zauns als „offenen Affront“. „Noch bevor unser Begehren entschieden ist, soll gravierend in die Naturlandschaft des Feldes eingegriffen werden.“ Die Initiative hat bisher gut 50.000 Unterschriften gesammelt. Benötigt werden rund 174.000.
Ein Fax ans Gericht
Auch der BUND gab sich ungehalten. Er hatte erst am Dienstag Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht: Das Becken verstoße gegen Planungs- und Umweltrecht. Am Mittwochnachmittag ging ein Fax mit einer einstweiligen Verfügung raus, um einen Baubeginn zu verhindern.
BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser sprach am Mittwoch auch im Stadtentwicklungsausschuss. Er nannte das Projekt „Greenwashing“. „Das Becken und der Rundweg zerstören geschützte Wiesenlandschaften. Und das wird auch noch als Ausgleich für die Randbebauung verkauft.“ Laut Heuser befinden sich auf den Flächen geschützte Frischwiesen und Trockenrasen, auch Feldlerchen brüteten dort. „Diese Biotope zu zerstören hat mit Ausgleich nichts zu tun.“
Auch die Opposition kritisierte den Plan. Grüne und Linke forderten ein Planungsmoratorium für das Feld. „Der Senat versucht, hier Fakten zu schaffen“, fürchtete Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Für Katrin Lompscher (Linke) ist das Becken „ökologisch zweifelhaft“, auch fehle eine aktuelle Bürgerbeteiligung.
Senator Müller hatte versprochen, bis zum Ende des Volksbegehrens keine Bauarbeiten zu beginnen. Das Becken sei davon jedoch ausgenommen, sagte seine Sprecherin: Es sei ein Teil der „Feldinfrastruktur“, wie Wege oder Baumpflanzungen. Müller selbst sprach im Ausschuss von „Diffamierungen“. Das Becken sei ökologisch sinnvoll und langfristig billiger als die bisher jährlichen 300.000 Euro für die Ableitung des Regenwassers in den Landwehrkanal. Zudem hätten Feldbesucher in Befragungen stets an erster Stelle eine Wasserfläche gewünscht. „Wenn wir nun alle drei Punkte verbinden können, was ist daran falsch?“
Der Geschäftsführer der Parkbetreiberin Grün Berlin GmbH, Christoph Schmidt, sprach von einem „vorbildlichen Projekt“. Es sei mit 3,1 Hektar sogar kleiner als das vom BUND vorgeschlagene Versickerungsbecken, das 4,6 Hektar bräuchte. Das wiederum nannte Heuser „totalen Blödsinn“. Die Alternative sei „um ein Wesentliches kleiner“ als das Senatsbecken und „mit Kosten von einer Million Euro auch deutlich günstiger.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins