piwik no script img

Was bewirkt die Unfall-Chemikalie Diphyl?

Berlin (taz) – Zwei Tonnen Diphyl sind nach Angaben der BASF in Ludwigshafen am Sonntag abend aus einem Sicherheitsventil in die Luft geblasen worden. Das Öl ist eine Mischung aus Biphenyl und Diphenyläther – die chemische Formel dieser beiden Chemikalien besteht in der Hauptsache aus zwei Ringen mit je sechs Kohlenstoffatomen. Die Mischung wird häufig als sogenannter Wärmeträger bei chemischen Reaktionen benutzt, die schonend bei 200 bis 400 Grad ablaufen sollen: Weil Diphyl erst bei etwa 257 Grad Celsius siedet, ist es einfacher zu handhaben als Wasser, das schon bei 100 Grad kocht. Dabei strömt das Öl um das zu erhitzende Reaktionsgefäß herum und kommt nicht direkt mit den verarbeiteten Chemikalien in Kontakt.

Diphyl ist nach Angaben von Holger Brackemann vom Umweltbundesamt giftig für Fische und andere Wasserorganismen. „Es muß also verhindert werden, daß der Stoff weiter in den Boden gelangt, eventuell durch Abtragen der obersten Bodenschicht“, so Brackemann. Der Bestandteil Biphenyl ist ein Fungizid, also pilztötend, was zur Konservierung von Zitrusfrüchten ausgenutzt wird. Auf Menschen wirkt Diphyl nicht lebensbedrohlich. In der Gefahrstoffverordnung ist der Stoff jedoch als gesundheitsschädlich aufgeführt, weil er Haut, Atemwege und Schleimhäute reizt. Der süßliche Gestank kann Brechreiz auslösen. An der Luft kühlt heißes Diphenyl schnell ab und kondensiert zu kleinen Tröpfchen. Diese setzen sich dann innerhalb weniger Kilometer – in diesem Fall dem Werksgelände und dem angrenzenden Stadtteil Friesenheim – wieder am Boden, auf Lebewesen und glatten Flächen ab. Obst und Gemüse sollte nicht gegessen werden.

Das Öl kann mit Wasser und Seife wieder abgewaschen werden, sollte dabei jedoch laut BASF nicht mit der bloßen Haut in Berührung kommen.rem

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen