: „Warum, warum?“
■ 16 Sekunden Spitzenfußball beim 1:0 von Bayern gegen Werder Bremen
München (taz) – Der erste Pfiff verhallte weitgehend unbemerkt. Die Fans versuchten sich mit rotweißen Schals und Mützen vor dem häßlichen Wetter zu schützen. Die geladenen Damen und Herren auf der Ehrentribüne waren gerade damit beschäftigt, sich in rote Wolldecken zu kuscheln. Und die Kicker des SV Werder Bremen stapften noch etwas orientierungslos über den fremden Rasen. Ruggiero Rizzitelli war das egal. Der Stürmer des FC Bayern München schnappte sich an der Mittellinie den Ball, lieh ihn kurz an einen Mitspieler aus und drechselte ihn dann so geschickt auf den Kopf seines Kollegen Zickler, daß dieser gemütlich einnicken konnte. 1:0 für den Gastgeber nach 16 Sekunden. Und Bremens Trainer Hans- Jürgen Dörner erklärte später, daß „wir kalt getroffen worden sind“. Dabei hätte seine Mannschaft eigentlich gewarnt sein müssen. Schließlich hatten die Münchner lautstark angekündigt, daß jetzt alles anders wird beim FC Bayern. Anders und besser natürlich.
Vergangene Woche schützte eine extra angefertigte Metallwand die Fußballer beim Üben an der Säbener Straße vor den kritischen Blicken der Journalisten. Und kurz vor dem Spiel gegen Bremen hatte Bayerns Pressesprecher Markus Hörwick die neugierige Zunft geladen, um zu klären, was forthin auch im Olympiastadion nicht mehr erlaubt sein wird. Keine aktuellen Interviews mehr auf dem Rasen, sondern erst, wenn alle Kicker sich und vermutlich andere deren Kopf gewaschen haben. „Wir hoffen, daß wir dadurch mehr Niveau in die Zusammenarbeit bringen“, sagte Hörwick. Und auf den Rasen natürlich auch. Ganze 16 Sekunden sah es tatsächlich so aus.
Danach hätte man beruhigt nach Hause gehen können, ohne viel zu verpassen. Drei Punkte für Bayern und damit zurück an die Tabellenspitze. „Egal wie“, sagte der Stadionsprecher. Bundestrainer Berti Vogts verkündete in der Pause, daß er bis dahin ein gutes Spiel gesehen habe. Womöglich hat er das wirklich. Doch wahrscheinlich wollte er sich nur selbst ein wenig Mut zureden. Schließlich muß er mit der Hälfte der Bayern- Mannschaft morgen im spanischen Granada gegen Albanien antreten.
Zumindest Nationalspieler Thomas Helmer freut sich „ganz besonders darauf, weil ich bei den letzten vier Spielen verletzt oder krank gewesen bin“. Zum Match gegen Bremen hatte er nicht viel zu sagen. Nur soviel, daß „wir nach der Pause nicht mehr miteinander gespielt haben“. Das hat auch sein Trainer Giovanni Trapattoni bemerkt. Eine halbe Stunde habe seine Mannschaft gut gespielt. Doch danach nur noch hier und da ein bißchen alleine gedribbelt. „Warum, warum“? fragt sich der Übungsleiter und weiß darauf keine Antwort. Es gebe immer einen Moment, „da vergißt die Mannschaft zu spielen“. Doch am Ende, „ich glaube, ich denke, haben wir verdient zu gewinnen“.
Einer hat das Ende gar nicht mehr miterlebt. Mario Basler wurde nach 70 Minuten gemeinsam mit Jürgen Klinsmann ausgewechselt und verließ wenig später das Stadion, als hätte er etwas auf dem Herd vergessen. Kollege Helmer zeigte dafür kein Verständnis, „weil wir eine Mannschaft sind und alle schwere Wochen hinter uns haben“. Manager Uli Hoeneß störte das weniger. Basler könne ruhig früher gehen, solange er sich nicht unqualifiziert dazu äußere. Hat er? Nein hat er nicht. „Vielleicht“, wagt Hoeneß zu hoffen, „vielleicht wird er ja jetzt ein weiser Mann.“ Nina Klöckner
Werder Bremen: Reck - Ramzy - Schierenbeck, Lellek (20. Schulz) - Wiedener (78. van Lent), Frings, Herzog, Eilts, Bode - Unger, Labbadia (81. Hobsch)
Zuschauer: 63.000; Tor: 1:0 Zickler (1.)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen