■ Warum Prämien für Steuerdenunzianten gar nicht so übel sind: Das Bankgeheimnis ist kein Bürgerrecht
Der ärgste Lump im ganzen Land ist und bleibt der Denunziant. Natürlich würde man so etwas selbst nie tun: einen Steuerhinterzieher beim Fiskus verpfeifen, sei es aus Rache oder um die gestern von den Finanzministern diskutierte Spitzelprämie zu kassieren.
Aber eine klammheimliche Freude kann man sich auch nicht verkneifen. Wenn es den reichen Abzockern, die immer auf den Sozialstaat schimpfen und ihn dann nicht mal mitfinanzieren wollen, auch mal ans Leder geht. Und ihre Helfershelfer, die Banken und andere kriminelle Vereinigungen, waren uns doch schon immer suspekt.
Im Wohlgefühl des links-steuerehrlichen Kleinbürgers kommen uns dann aber auch wieder Bedenken. Denn Bürgerrechte sind doch unteilbar. Selbst für die Meinungsfreiheit von übelsten Nazis engagieren wir uns sonst – und sogar mit gewissem Feuer im Herzen, denn es geht ja ums Prinzip. Warum also die Steuerhinterzieher mit Polizeistaatsmethoden verfolgen? Vielleicht ist diese Debatte ja nur eine Finte der Sicherheitsapparate, um uns vom bürgerrechtlichen Pfad der Tugend abzubringen?
Doch hinweg mit dem Zweifel: Das Bankgeheimnis ist kein Bürgerrecht. Es ist weder Ausdruck der Menschenwürde noch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Nicht einmal unsere realkapitalistische Verfassung, das Grundgesetz, erwähnt es. Bei Lichte betrachtet ist das Bankgeheimnis nicht mehr als eine Nebenabrede in dem Vertrag, den der Steuerhinterzieher mit seiner Bank geschlossen hat. Dort verspricht die Bank, nicht herumzuplaudern, was der Kunde mit seinem Geld so alles treibt.
Doch schon gegenüber dem Fiskus gilt dieses „kleine Geheimnis“ nur sehr beschränkt. Zwar darf der Staat die Kontenbewegungen nicht flächendeckend kontrollieren. Bei einem konkreten Verdacht jedoch konnte man sich auf das Schweigen seiner Bank noch nie verlassen. Und das ist gut so.
Denn ein Bankkonto ist kein persönlicher Rückzugsraum wie die eigenen vier Wände. Und auch die Beziehung zwischen der Bank und ihrem Kunden kann nicht mit der zwischen Arzt und Patient oder Sozialarbeiter und Junkie verglichen werden. Hier brauchen Menschen Hilfe und müssen vertrauen können. Das Vertrauen in die Komplizenschaft der Banken beim Transfer von Fluchtgeldern ist dagegen alles andere als schützenswert. Deshalb kann man, jawoll, guten Gewissens gegen den Großen Lauschangriff und für die Lockerung des Bankgeheimnisses sein. Christian Rath
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