ströbele bleibt: Warten auf den Parteisoldaten
„Mandatstourist“, bekam Werner Schulz am Samstag an den Kopf geworfen, als er sich erfolgreich um einen sicheren Listenplatz bei den Berliner Grünen bewarb. Ähnliches hätte sich auch Christian Ströbele anhören müssen, wenn er etwa an diesem Wochenende bei den Parteikollegen in NRW angetreten wäre. Umso mehr, weil Schulz sich zwar offiziell nur wenige Monate zuvor von den sächsischen Grünen verabschiedete, aber seit langem in Berlin wohnt.
Kommentar von STEFAN ALBERTI
Mit seiner definitiven Absage an einen Wechsel erspart sich Ströbele neue Auseinandersetzungen in unbekannterem Terrain – und möglicherweise auch eine zweite Niederlage. Mehrheiten bei Mitgliederversammlungen oder Delegiertenkonferenzen hätten ihm auch Freunde in den Vorständen nicht garantieren können. Ein erneutes Scheitern aber hätte Ströbele zur Lachnummer gemacht. Das muss sich einer wie er nicht antun. Er steht mit seiner Person für zu viel, um es auf eine solche Weise beschädigen zu lassen.
Seine Kreuzberger Freunde können indes weiter auf eine Direktkandidatur hoffen. Tritt er an, so gibt er den braven Parteisoldaten à la Scharping und hilft dem Landesverband, der ihn ausbootete. So wenig schmeichelhaft der Vergleich mit dem gleich zwei Mal abservierten Ex-SPD-Chef sein mag: Die Grünen werden für die Bundestagswahl jeden Teamspieler brauchen – umso mehr einen wie Ströbele, der zwar nicht länger die Parteimehrheit vertritt, aber unter dem Etikett „links“ eine starke Minderheit bindet.
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