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Warnung vor einer „sozialen Eruption“

■ Ostdeutsche Misere in aller Munde/ Stolpe besorgt, Biedenkopf für SPD-Vorschlag/ Lambsdorff: Steuern rauf

Berlin (taz) — Mit einer wahren Interview-Flut haben die deutschen Politiker am Wochenende auf den sich beschleunigenden wirtschaftlichen Zusammenbruch in Ostdeutschland reagiert. Zum Auftakt eines Treffens der sechs ostdeutschen Ministerpräsidenten in Berlin äußerte der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe die Befürchtung, bei einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Situation in Ostdeutschland würden Aggressionen entstehen. Der Potsdamer Oberbürgermeister Horst Gramlich warnte am Sonnabend auf einer Versammlung des regionalen Strukturfördervereins „Pro Brandenburg“ gar vor einer „sozialen Eruption“. Stolpe sieht zunächst noch „ungeheuer viel Pessimismus und Verängstigung bei den Menschen“. Er selbst allerdings ist trotz allem optimistisch, daß die „Zeitlücke“ zwischen dem Zerbrechen der Betriebe bis zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bis 1992/93 überbrückt werden könne.

Im Wahlsieger-Lager der Union und der Freien Demokraten herrscht derweil heillose Verwirrung. Nur in einem besteht Klarheit: Entgegen allen Wahlversprechen wird es Steuererhöhungen geben. Sogar der FDP- Vorsitzende Graf Lambsdorff hält inzwischen eine Erhöhung der Mineralölsteuer um bis zu 25 Pfennig für „unvermeidlich“. Der zusätzliche Finanzbedarf für 1991 belaufe sich auf „ein Minimum in der Größenordnung von 20 Milliarden Mark“. Da die Mineralölsteuer aber nur rund 15 Milliarden pro Jahr bringen würde und zudem erst ab 1. Juli in Kraft tritt, wird es auch noch weitere Steuererhöhungen geben.

Der sächsische Ministerpräsident Biedenkopf (CDU) ging am Wochenende mit seinen Parteifreunden hart ins Gericht. „Es war ein Fehler, die Westdeutschen lange glauben zu lassen, die Einheit gäbe es zum Null- Tarif“, meinte er. Da habe die politische Führung in Bonn versagt. Biedenkopf hat sich inzwischen sogar der Meinung der SPD-Opposition angeschlossen: Über die Steuererhöhungen hinaus forderte er eine Ergänzungsabgabe der Besserverdienenden, allerdings mit tieferen Mindestsätzen als die SPD. Biedenkopf rechnet damit, daß Mitte nächsten Jahres jeder zweite Arbeitnehmer in Ostdeutschland arbeitslos sein wird. Die durch Steuererhöhungen gewonnenen Mittel müssen nach Meinung des sächsischen Ministerpräsidenten „wirklich zweckgebunden für den Aufbau im Osten eingesetzt werden“. Es wirke auf die Deutschen im Osten wie ein Hohn, wenn in Bonn behauptet werde, die Steuern müßten für den Golfkrieg, nicht aber für die Einheit erhöht werden.

Auch Verkehrsminister Günther Krause (CDU) monierte in einem Interview, der derzeitige Weg, auf dem sich die Altbundesländer bewegten, entspreche einer Verweigerung des Gebots „Teilung durch Teilen überwinden“. Er forderte die Altbundesländer zu mehr Solidarität auf. Im Westen würden im Durchschnitt etwa sieben Prozent der Landeshaushalte durch Kreditaufnahme gedeckt. Im Osten seien es 30 Prozent. Krause: „Das ist indiskutabel.“ Nicht nur das. marke

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