piwik no script img

Warnstreiks auch in BerlinVer.di schließt die Schleusen

7.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind am Mittwoch in Warnstreik getreten - etwa bei den Wasserbetrieben

Gesperrt: Warnstreik bei der Berliner Stadtreinigung. Bild: dpa

„Alle Schleusen sind dicht“, sagt Christel Bergman in der weißen Ver.di-Streikweste. Die Personalratsvorsitzende des Wasser- und Schifffahrtsamts steht auf der Mittelinsel der Schleuse am Mühlendamm, nahe der Jannowitzbrücke. Um sie herum stehen ihre KollegInnen, drinnen im Wärterhäuschen wird der Streikposten mit Bockwürsten versorgt. Ver.di-Fahnen wehen im Wind. „Als wir das letzte Mal richtig gestreikt haben, war Kohl noch an der Macht“, erinnert sich ein Gewerkschafter. Für einen anderen stehen die Zeichen auch jetzt auf Streik: „Die Arbeitgeber suchen die Kraftprobe, die wollen uns testen.“ Er wünscht sich ein offensives Auftreten von Ver.di.

Insgesamt 7.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes nahmen am Mittwoch an den Warnstreiks in Berlin teil. Die Gewerkschaft Ver.di fordert 6,5 Prozent, die kommunalen Arbeitgeber bieten bis jetzt nur 3,3 Prozent in zwei Jahren. „Wir haben ab 3.30 Uhr alles dichtgemacht“, erklärt Norbert Krüger, Betriebsgruppensprecher der Hauptverwaltung der Berliner Stadtreinigung (BSR) in der Tempelhofer Ringbahnstraße. Er betreut dort den Streikposten. Neben ihm füllen die MitarbeiterInnen der beginnenden Spätschicht die „Streikunterstützungsformulare“ aus, um das Streikgeld zu erhalten; auch hier schmücken Ver.di-Fahnen die verschlossene Werkstore. Während es in der Industrie ein Lohnplus gab, habe der öffentliche Dienst in den letzten Jahren Lohnzurückhaltung geübt, sagt Krüger. Das Argument der leeren öffentlichen Kassen kann ihn nicht überzeugen. „Das Steueraufkommen ist in den letzten Jahren gestiegen“, sagt er.

„Ich würde mir wünschen, eine Lösung ohne Streik hinzukriegen“, sagt dagegen Andreas Lehmann. Der Mitarbeiter der EDV-Abteilung der BSR ist 2008 in die Gewerkschaft eingetreten und hat wenig Streikerfahrung. Lehmann arbeitet seit 15 Jahren bei der BSR und gehört zu den Jüngeren im Betrieb. Viele seiner KollegInnen erinnerten sich noch an 1992, sagt dagegen Betriebsgruppensprecher Krüger. Damals gab es in Berlin den letzten längeren Streik im öffentlichen Dienst. „Vertrauen Sie mir, die Kollegen wissen, wie man einen Streik organisiert“, sagt Krüger. „Wir wollen unsere Tarifforderung durchsetzen.“ Wenn es nötig sein sollte, will Krüger dafür auch „richtig streiken“.

Streik auch im OP

An dem Warnstreik beteiligt haben sich am Mittwoch auch Angestellte der Berliner Wasserbetriebe und MitarbeiterInnen mehrerer Jobcenter und Arbeitsagenturen sowie das OP-Personal der Vivantes-Kliniken in Friedrichshain und Steglitz. An einer Kundgebung vor dem Sitz der Wasserbetriebe beteiligten sich am Vormittag laut Angaben von Ver.di mehr als 1.500 Streikende – darunter auch Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung und mehrerer Ministerien, der Berliner Bäderbetriebe und des Hafenbetreibers Behala. In der kommenden Woche findet die nächste Runde der Tarifverhandlungen statt. MORITZ WICHMANN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!