piwik no script img

WalforschungDas sprechende Ohrenschmalz

Ein unappetitliches, aber effektives Verfahren: US-Forscher analysierten Ohrenschmalz, um mehr über Stress- und Umwelteinflüsse bei Blauwalen zu erfahren.

Die Fluke eines Blauwals vor der kalifornischen Küste. Bild: imago/McPhoto

WASHINGTON/WACO dpa | Ohrenschmalz von Walen kann Auskunft geben über das Liebesleben und die Schadstoffbelastung der Meeressäuger. Das haben US-Wissenschaftler der Baylor Universität in Waco bei der Untersuchung eines Blauwals herausgefunden.

Die Forscher entfernten den 25 Zentimeter langen Schmalzpfropfen aus dem Gehörgang des toten Wals. Wie bei den Lebensringen eines Baumes besteht auch so ein Pfropfen aus mehreren Schichten, die die Wissenschaftler auseinandernahmen und genau analysierten. Sie suchten unter anderem nach dem Stresshormon Cortisol und dem Sexualhormon Testosteron, aber auch nach Pestiziden. So konnte ein chemisches Profil des Meeressäugers erstellt werden.

Die Analyse ergab, dass der Blauwal etwa zwölf Jahre alt war, als er bei einer Kollision mit einem Schiff starb. Der hohen Konzentration an Cortisol und Testosteron in den entsprechenden Schichten nach zu urteilen, wurde er mit etwa zehn Jahren geschlechtsreif. Andere Stoffe zeigen, dass er vor allem während des ersten Lebensjahres, als er noch gestillt wurde, einer erhöhten Pestizidbelastung ausgesetzt war. Die Forscher vermuten, dass die Schadstoffe durch die Mutter übertragen wurden.

Ziel der Forschungsarbeit war, genauere Informationen über Stress- und Umwelteinflüsse sowie generell über die Entwicklung von Walen zu erhalten. „Der Ohrenschmalzpfropfen ermöglicht eine umfassendere Untersuchung, um das lebenslange chemische Profil nachzuzeichnen“, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal Proceedings der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS). Außerdem könne die Ohrenschmalz-Analyse Hinweise darauf geben, wie sehr der Mensch das Meer und die Wale beeinflusse.

Wale haben keine Ohrmuscheln. Ihre Ohren sind von außen nur als kleines Loch erkennbar. Zwischen dieser Öffnung und dem inneren Hörorgan liegt der Gehörgang mit dem Ohrenschmalzpfropfen.

Gigantische Ausmaße

Der Blauwal (Balaenoptera musculus) gilt als das schwerste Tier, das jemals auf der Erde gelebt hat. Die größten Exemplare messen über 30 Meter und wiegen mehr als 150 Tonnen – das entspricht dem Gewicht von über 40 Elefanten. Das Herz eines Blauwals hat die Größe eines Autos und sein Magen fasst etwa zwei Tonnen Krill.

Nach Angaben der Umweltorganisation WWF führte die massive Jagd auf Blauwalen zu einem bedrohlichen Rückgang der Bestände. Erst durch das 1967 von der Internationalen Walfangkommission IWC erlassene Jagdverbot werden die Meeressäuger geschützt. Aber die Meeresverschmutzung, der Schiffsverkehr und der Klimawandel dezimieren die Bestände weiter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Themen #Wale
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • G
    gast

    Wenn man nichts sonst zu forschen hat, dann eben das Ohrenschmalz dieser Tiere. Irgendwie müssen die Fördergelder verschleudert werden.