Waldbrände im Iran: Feuer als Waffe
In den kurdischen Regionen des Irans lodern seit Tagen Waldbrände. Eine Brandstiftung seitens des iranischen Regimes wird nicht ausgeschlossen.
E s gibt eine kurdische Redensart, die heißt: Keine Freunde außer den Bergen. Gemeint ist das als Anspielung auf die Geschichte der kurdischen Bevölkerung, die immer wieder aus den von ihr bewohnten Gebieten vertrieben wurde. Egal ob in der heutigen Türkei, in Syrien, im Irak oder im Iran, die Berge dienten den Kurd*innen immer als sicherer Rückzugsort.
Dieser Rückzugsort wird derzeit im Iran immer kleiner. Denn seit mehr als zwei Wochen kämpfen mehrere Regionen im Zāgros-Gebirge mit Waldbränden. Besonders betroffen sind mehrere Naturschutzgebiete in der westiranischen Provinz Kurdistan.
Die brennenden Wälder liegen in der Nähe der Stadt Merîwan und der Grenze zum Irak, nach Einschätzung der Umweltorganisation Chya Sabz wurden bereits rund 500 Hektar Vegetation von den Flammen zerstört. Mehrere Dörfer wie Kani Miran, Saad Abad und Sif befänden sich nun dicht an den Flammen. Zudem hat das Feuer die Explosionen von vielen Landminen ausgelöst, die sich seit dem Ersten Golfkrieg im Boden befanden.
Das Feuer ist politisch
Die Brandursache ist noch nicht offiziell bestätigt, aber die Behörden schließen eine mögliche Beteiligung von Sicherheitseinrichtungen oder Profiteuren nicht aus.
Und es gibt eine Gruppe, die ein erhebliches Interesse daran hätte, dass die Kurd*innen nie wieder in ihre Dörfer zurückkehren können. Umweltorganisationen und die Menschenrechtsorganisation Hengaw werfen der sogenannten iranischen Revolutionsgarde gezielte Brandstiftung vor. Der Vorwurf ist nicht aus der Luft gegriffen: Brandstiftung als Kriegsmittel benutzt die iranische Armee erwiesenermaßen seit Jahren als Vertreibungspolitik. Dass die Kurd*innen zudem eine starke religiöse und spirituelle Bindung an die Naturschutzgebiete um die Berge haben, dürfte den „Sittenwächtern“ zusätzlich zupass kommen.
Unabhängig überprüfen lässt sich das alles schwer, aber so viel ist klar: Das Feuer ist politisch. 2021 nahm der türkische Präsident Erdoğan Waldbrände in seinem Land zum Anlass, um gegen Kurd*innen zu hetzen, ihnen Brandstiftung vorzuwerfen. Dabei wird auch der türkischen Armee regelmäßig vorgeworfen, große Flächen in den kurdischen Gebieten vorsätzlich in Brand zu stecken.
Im Westen kommt derweil oft nur an: es brennt, woanders. Auch das meinen die Kurd*innen, wenn sie sagen: Keine Freunde außer den Bergen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku