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Waigel gibt's, Waigel nimmt's

■ Finanzminister will Steuersätze erheblich senken. Dafür sollen unter anderem Arbeitslose besteuert werden

Bonn (AP/taz) –Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) hat erstmals konkrete Eckpunkte für die geplante Steuerreform genannt. Auf einem steuerpolitischen Kongreß der CDU kündigte Waigel gestern in Bonn an, daß er den Spitzensteuersatz von derzeit 53 Prozent auf 35 bis 40 Prozent und den Eingangssteuersatz von gegenwärtig 25,9 Prozent ebenfalls „spürbar“ senken wolle. Keinen Zweifel ließ der Finanzminister und CSU-Vorsitzende daran, daß die Reform wie geplant erst Anfang 1999 in Kraft treten werde.

Die Bruttoentlastung werde sich auf 80 bis 90 Milliarden Mark belaufen, sagte Waigel. Zur Finanzierung der Steuersenkung kündigte der Minister einen drastischen Abbau von Steuervergünstigungen an: „Draufzahlen werden jene, die legale Ausnahmebestimmungen genutzt haben oder sich zu Lasten anderer an der Steuer vorbeigemogelt haben.“

Wer aber wie genau draufzahlt, ließ Waigel noch offen. Ein wichtiger Teil der Reform soll eine Verbreiterung der Steuerbasis sein. Das bedeutet, daß auch auf neuen Feldern Steuern erhoben werden sollen. Im einzelnen nannte der Finanzminister die breite Erfassung des handelsrechtlichen Gewinns, aber auch eine breite Erfassung von Lohn- und Lohnersatzleistungen. Schon im sogenannten Bareis- Gutachten wurde die Besteuerung von Lohnersatzleistungen vorgeschlagen. Dazu zählen unter anderem Arbeitslosengeld und Krankengeld. Die Besteuerung dieser sogenannten Lohnersatzleistungen brächte laut Gutachten mehrere Milliarden Mark.

Waigel nannte als neues Feld auch die künftige Steuerpflicht bislang steuerfreier Einnahmen, die Überprüfung der steuerlichen Wirtschaftsförderung und die Abgrenzung zwischen privaten und betrieblichen Aufwendungen sowie eine steuerliche Neubehandlung der privaten Altersvorsorge und Vermögensbildung.

Nach einem Bericht der Welt über ein angeblich mit Waigel abgestimmtes internes Papier der CDU sollen die BürgerInnen durch die Steuerreform um insgesamt 20 Milliarden Mark netto entlastet werden. Das heißt, jeder Haushalt hätte rein rechnerisch 80 Mark mehr im Monat zur Verfügung. Aber eben nur rein rechnerisch: Für einzelne, bisher steuerlich privilegierte Gruppen würden die niedrigeren Steuersätze nicht den Verlust der Privilegien ausgleichen. Geht man nach dem Bareis-Gutachten, könnten Selbständige, ImmobilienbesitzerInnen, aber auch SchichtarbeiterInnen oder eben Erwerbslose zu den Gerupften gehören.

Waigel vermied gestern eine konkrete Aussage über eine mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer. Erst wenn Klarheit über die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und über die Nettoentlastung herrsche, könnten Überlegungen angestellt werden, ob eine Umschichtung von direkten hin zu indirekten Steuern notwendig sei. Waigel: „Ausschließen kann niemand etwas. Ein Tabu kann nicht errichtet werden. Sonst schaffen wir dieses Entlastungsvolumen nicht.“ Nach Angaben der Welt geht CDU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Schäuble von einer Erhöhung der Mehrwertsteuer von 15 auf 17 Prozent aus.

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