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Wahlwerbespots der kleinen ParteienSoftporno trifft auf Badesee

Sie haben keinen Fernseher? Dann entgehen Ihnen die Highlights des Wahlkampfs: Die TV-Wahlwerbespots der Kleinstparteien. Hier die Top10.

Bloß nicht zu schnell verschrotten – vorher lieber noch ein paar Wahlspots gucken Screenshot: imago/China Foto Press

Platz 10 - BIG-Partei

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Die Musik klimpert so romantisch-traurig vor sich hin, dass man sich kaum auf den Inhalt des Spots konzentrieren kann. Wobei, viel zu sehen ist ohnehin nicht. Der Parteichef von BIG steht vor einem weißem Hintergrund und betet die Forderungen runter: Mindestlohn, flexible Arbeitszeiten, Werte, Erhalt der Ehe „zwischen Mann und Frau“ (Homophobie-Alarm)...

Beim Körpersprache-Seminar hat er wohl nur die erste Einheit absolviert, seine Gesten wiederholen sich (Handbewegung im Rhythmus der Wörter, Zeigefinger-Deut in Richtung Zuschauer, Verabschiedungslächeln). Einziger Lichtblick: die farbliche Abstimmung von Krawatte und Parteilogo.

Fazit: Langweilig, einschläfernd, homophob

Platz 9 - Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)

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Ein Name wie ein Gedicht: Helga Zepp-LaRouche. Die Parteichefin von BüSo setzt voll auf Inhalte, verzichtet auf jeden filmischen Schnickschnack. Vor blauem Hintergrund mimt sie eine Nachrichtensprecherin und erzählt von Trennbankensystemen, dem Wiederaufbau der Realwirtschaft, wertlosen Finanzblasen und der Bankenkrise.

Alles klingt sehr dramatisch. Vom Tod von Millionen Menschen ist die Rede. Wenn wir nicht BüSo wählen werden wir alle sterben!

Fazit: Filmisch: Flop, inhaltlich: sektenhaft überdramatisiert

Platz 8 - Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)

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Kämpferische Musik eröffnet den Wahlspot der MLPD. Es blieb wohl kein Geld für den Spot, wollen die Kommunisten doch den Kapitalismus abschaffen. Jedenfalls schneidet die Partei einfallslos Archivbilder von Demos, Stahlwerken, Getreideernten und Slums hintereinander. Ein Sprecher geißelt den Kapitalismus, unten laufen Homepage und Telefonnummer der Partei in Dauerschleife durchs Bild. Es fliegen halbtransparente Geldscheine durch das Bild. Hängen bleibt nach 90 Sekunden nichts.

Fazit: Kampfeslustig, langweilig, filmisch konservativ

Platz 7 - Die Violetten

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Ein Spot der mit einem Frank Zappa-Zitat beginnt, kann nur gut sein. Ist er auch. Verschiedene verspulte Spirituelle von den Violetten erzählen im Park sitzend, den Baum beinahe umarmend, von ihren Ideen. Dazu Esomusik und immer wieder Zoom auf die Baumkronen. Man fühlt sich am Ende tatsächlich tiefenentspannt. All das Grün, die Musik, die sanften Stimmen. Auf die Inhalte muss man da gar nicht mehr achten.

Fazit: Musikalisch top, filmisch eher Mittelmaß

Platz 6 - Partei Bibeltreuer Christen (pbc)

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Der lustige dicke Mann mit Un-Frisur und Un-Stimme führt zum Abschaltreflex. Aber durchhalten. Denn die irren Christenspinner von der pbc haben ein paar junge, hippe Jugendliche ausgegraben, die mit der Bildungspolitik unzufrieden sind. Schön auch, wie die zwei Männer später mit einem kleinen blonden Mädchen an der Hand durch den Park laufen, ganz so, als würden sie es gleich hinter dem nächsten Busch missbrauchen. Den Spruch „...und so haben Mann mit Mann Schande getrieben...“ braucht es gar nicht mehr, um die Message zu verstehen. Schwule sind Kinderficker!

Wenn man sich vom Brechreiz erholt hat, muss man anerkennen: filmisch ist der Spot gar nicht schlecht. Loungemusik im Hintergrund, junge und alte Menschen die kirchentreu in die Kamera lächeln und ihre Botschaft verbreiten. Bei Youtube ist der Spot überaus beliebt. Mehr als 150.000 Klicks hat er bereits. Kultfaktor.

Fazit: Inhaltlich zum Kotzen, filmisch in Ordnung

Platz 5 - Bayernpartei

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„Es stellen sich viele Fragen in der Politik“, beginnt der Spot. Auch wir haben viele Fragen an die Bayernpartei. Was soll der heulende Esel auf dem Wahlplakat? Weshalb sieht man fast nur Männer, die biertrinkend am Stammtisch sitzen und schimpfen? Wer hat diese epochale Orchestermusik komponiert? Und: wieviel Nazi steckt in der Bayernpartei?

Auch wenn sie sonst nicht viel können außer Schimpfen: Der Spot glänzt durch den Einsatz vielfältiger technischer und filmischer Mittel. Während das Wohnmobil der Bayernpartei durch die grüne Landschaft fährt, wird es in Überwachunsoptik gefilmt. Endlich mal einen Partei, die die NSA-Affäre ernst nimmt. Grandios auch der Schluss. Allein der Satz „Angela Merkel hat den Bayerischen Löwen zu ihrer Schmusekatez gemacht. Lassen wir ihn wieder brüllen“, verdient einen Innovationsorden. Dass der Löwe auf dem abgefilmten Wahlplakat aber plötzlich animiert ist und durch sein Brüllen das gesamte Bild zum Erbeben bringt - großartig.

Fazit: Urdeutsch, innovativ, aggressiv

Platz 4 - ÖDP

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Filmisch überzeugt die ödp. In Collagen und Montagen wird mit Hilfe des Protagonistenehepaars Schmidt gezeigt, weshalb man die anderen Parteien nicht wählen kann: Grüne (wachsweich), SPD (links anttäuschen, rechts überholen), Linkspartei (kein wirtschaftspolitisches Konzept), Union (für Gentechnik), FDP (Steuererleichterungen).

Man kann niemandem mehr vertrauen. Nur der ödp. Inhaltlich überzeugt das kaum, aber der Spot ist hübsch anzusehen. Mit Ausnahme freilich vom Schluss, als Parteichef Sebastian Frankenberger (Sie wissen schon, der mit dem Rauchverbot in Bayern; hat jetzt übrigens kurze Haase) ins Bild kommt.

Fazit: Inhaltlich mau, filmisch ansprechend und witzig

Platz 3 - Freie Wähler

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Die Ganze Welt erklärt am Badesee: Das Setting ist schon einmal erfrischend. Mutti zeigt den Kindern, wie genau sie bunte Plastikförmchen stapeln sollen, setzt sich zu einem fremden Mann auf die Bank. Der kritisiert: „Bei ihnen möchte ich kein Kind sein. Alles vorgeben, nichts selbst entscheiden lassen...“

Dann betet er runter, für was die Freien Wähler stehen: Freie Wahl bei Bildung, Direktwahl des Bundespräsidenten, Trinkwasser für alle, mehr Mitsprache bei Bauprojekten... Mutti rückt immer näher an den Freien Wähler heran, öffnet ihre Haare (Softporno-Alarm). Aber wenigstens endlich mal Schauspieler, denen man ihre Rolle glaubt.

Fazit: Filmisch und inhaltlich überzeugend

Platz 2 - Die PARTEI

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Wenig überraschend: Der Spot der Satirepartei die PARTEI ist einer der professionellsten unter den Kleinstparteien. Der ganzkörpertattowierte Dr. Mark Benecke (der mit den Maden) moderiert mit Flauschee Lee eine Art Shoppingkanal-TV-Show inklusive schlechter Synchronistation. Sie erklären, weshalb man die PARTEI wählen sollte. Sie „kann alles", ist „jetzt noch besser" und ist „sehr gut". Szenenwechsel, Musikeinspieler, Ironie, Laufband, Abspann. Der Spot ist ein beinahe perfekt inszenierte Kurzfilm. Bei Youtube der bisher beliebteste Spot unter denen der Kleinstparteien mit mehr als 200.000 Klicks.

Fazit: Filmisch professionell, inhaltlich gut und humorvoll

Platz 1 - Bündnis21/RRP

Diesen Spot muss man unkommentiert lassen. Nur so viel: Betonung, Schauspieler, Farbegebung, Softpornomusik... gedreht wohl Anfang der 90er Jahre. Verdient erster Platz für die Renter und Rentnerinnen vom Bündnis 21 /RRP.

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12 Kommentare

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  • Danke auch für die Zusammenstellung!

     

    PCB und THC-ML sind mit Vorsicht zu genießen!!

     

    Aber was soll ich mit "4 Jahre Demokratie gratis testen"?

    So ein Kram, steht alles wieder in der Abstellkammer rum.

     

    Dafür kauf ich mir lieber ne Eurasische Landbrücke, bei der "BüSo Neue Solidarität (NS)" - jetzt wo wir ja vom NSU, NSA umzingelt sind.

  • L
    Lars

    Der "lustige dicke Mann" ist durch offen homophobe Äußerungen aufgefallen und baut in Osnabrück an einem Gemeindezentrum (für bis zu 5000 Leute, ist der Traum) für eine Evangelikale Freikirche, über die sich am besten jede_r selbst eine Meinung bildet.

     

    Schade, ich kann über ihn nicht lachen, obwohl Humor manchmal ja hilfreich sein kann.

    • Z
      Zynismus
      @Lars:

      Lachen ist die beste Medizin ;)

      ...und wenn es nur aus Verzweiflung ist.

  • Ich hab irgendwie akustische Halluzinationen... Immer wenn die sagen "Ich wähle pbc!" höre ich "Ich nehme PCP!"

  • H
    Hans

    Herr Wrusch. Vielen Dank.

    Ihre Kommentare in Kombination mit RRP, Partei und BüSo haben mir meine gute Laune gerettet.

  • V
    Vicki

    Die Qualität des Berichts und der der Wahlwerbespots tun sich nicht viel. Amüsant ist beides aber in jedem Fall! Versucht man jedoch, mit einem Bericht die amateurhafte Gestaltung und Inhaltslosigkeit von Videos herauszustellen, sollte man wenigstens an das eigene Produkt professionell herangehen und sich entweder vollkommen für eine witzige Darstellungsweise oder für objektive Bewertungsmaßstäbe entscheiden; wie man sieht, kommt bei einer Mischung am Ende weder etwas Lustiges noch etwas Ernstzunehmendes heraus, sondern lediglich der süffisante Versuch, beidem gerecht zu werden. Und Rechtschreibfehler in einem veröffentlichten Text sind wie schlechte Schauspieler in einem Wahlwerbespot. Aber, wie gesagt, amüsant sind alle elf Werke..

  • J
    JadotA

    Köstlich!

     

    Als Satire 1A, doch, doch!

     

    Die meisten Protagonisten meinen ihre Ausscheidungen aber ernst.

    Es macht Angst zu sehen, was aus Aufklärung wird, wenn sie durch die Sparbirnen durchgeht.

     

    Danke. Es bleibet da-abei, die Gedan-ken sind frei und ich will kein TV.

  • R
    RRP-Fan

    Ich finde auch den Letztes-Abendmahl-Flair im RRP-Spot sehr gelungen, besonders schön in Szene gesetzt bei 1:10.

    Herrlich.

  • W
    Wähler

    armes Deutschland.

  • N
    nicetry

    Der FW-Spot ist weder inhaltlich noch filmerisch überzeugend. Und wieso liegt da überhaupt Stroh? Lahm und langweilig!

  • E
    Elias

    Den Duden gibt es übrigens auch online. ; )

  • KB
    Kein bibeltreuer Christ

    Bei dem Kommentar zu der "Mann und Mann"-Geschichte der PBC sind Sie wohl etwas übers Ziel hinausgeschossen. Wie man da auf Pädophilie kommt, ist sehr rätselhaft. Wobei, man kann es verstehen bei dem Müll, der einen von den Medien bezüglich eines grünen Kommunalwahl-Programm von 1981 um die Ohren geschmissen wird...