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Wahlsieger SamarasAusgerechnet er

Der streitbare Konservative Antonis Samaras soll Griechenland aus der Krise führen. Als ehemaliger Finanzminister ist er mitverantwortlich für die Wirtschaftsmisere.

Da freut sich einer: Antonis Samaras, Parteichef der Nea Dimokratia. Bild: reuters

ATHEN taz | Es ist die späte Rache des Antonis Samaras: Ausgerechnet er, der so oft Gescholtene und für gescheitert Erklärte, darf in Griechenland das Ruder übernehmen – mangels vernünftiger oder mehrheitsfähiger Alternativen.

Dabei verkörpert auch und gerade Samaras jenen politischen Filz, den die griechischen Wähler eigentlich verabscheuen und als hauptverantwortlich für die Wirtschaftsmisere des Landes erachten. Der Ökonom, der in den USA studierte, stammt aus einer bekannten Politikerfamilie, hat an der Eliteuniversität Harvard seinen MBA gemacht, seinen ersten Schritt in die Politik machte er in den späten siebziger Jahren als Schützling des eindeutig rechts von der Mitte positionierten Ex-Außenministers Evangelos Averoff.

Damals galt Samaras als Wunderkind der konservativen Nea Dimokratia und wurde schon mit 38 Jahren Finanz- und später Außenminister im Kabinett des wirtschaftsliberalen Premiers Konstantin Mitsotakis.

Doch bald schon gerieten sich die beiden in die Haare: Im Zusammenhang mit der sogenannten Mazedonienfrage versteifte sich Samaras auf maximalistische Forderungen und Schuldzuweisungen und wurde von Mitsotakis gefeuert. Er rächte sich postwendend mit der Gründung der konservativen Splitterpartei „Politischer Frühling“, schrieb sich die „griechische Identität Mazedoniens“ auf die Fahne und brachte seinen einstigen Förderer Mitsotakis zu Fall durch patriotische Rhetorik.

Samaras selbst soll später im vertrauten Kreis erzählt haben, das Ganze sei ganz anders verlaufen: Angeblich habe der gewiefte Mitsotakis ihn ins offene Messer laufen lassen, um einen gefürchteten Rivalen loswerden zu können.

Auch wegen solcher Geschichten bleibt Samaras heute noch umstritten in seiner eigenen Partei. Moderate Konservative werfen ihm zudem vor, ständig polarisieren zu wollen und dabei Wählerstimmen in allen Richtungen zu verlieren.

Bei den letzten Wahlen im Mai konnte Samaras weder die gemäßigten Wähler seines Vorgängers Kostas Karamanlis begeistern noch zusätzliche Stimmen aus der rechtspopulistischen Ecke gewinnen; erst nachdem die Neuauflage der Wahl am vergangenen Sonntag zum Referendum über den Euro erklärt wurde, konnte der Konservativen-Chef gerade noch an die früheren Wahlerfolge der Nea Dimokratia anknüpfen.

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5 Kommentare

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  • W
    Weinberg

    Mit Antonis Samaras, Führer der rechtsradikalen Nea Dimokratia, machen der IWF, EZB und unsere hochverehrte Frau Dr. Merkel, Bundeskanzlerin und ehemalige FDJ-Vorsitzende für Agitation und Propaganda, den Bock zum Gärtner!

     

    Jetzt blühen den Griechen wirklich rosige Aussichten!

  • F1
    Finanzgenie 123

    Ich denke, man kennt sich. Deshalb ist die Finanzwelt ganz froh. Mit diesem Ministerpräsidenten kann man gut und sicher das griechische Staatsvermögen privatisieren - und sich auf Kosten der Allgemeinheit schamlos bereichern.

  • C
    Celsus

    Da stellen sich auch Fragen, für die griechische Armut, die mutig gestellt werden müssen. Die Frage der Steuermoral der reichen Griechen muss weiterhin gestellt werden.

     

    Aber es fragt sich auch, warum ein so kleines Land wie Griechenland nur zum Beispiel auf Teufel komm heraus in Deutschland Waffen bestellen musste. Und zwar so viele Waffen, dass das vergleichsweise kleine Griechenland zu den Hauptimporteuren deutscher Waffen gehört. Der Gedanke an Korruption kommt mir bei so einem verantwortungslosen Verhalten schon. Und Deutschland besteht doch nach wie vor auf Abnahme und Bezahlung.

     

    Wer zahlt die Zesche dann? Der europäische Stgeuerzahler über die Mehrwertsteuer. Also vorrangig mal wieder die untere Bevölkerungshälfte. Das Geld aus Griechenland wandert derweil bei seiner Rückkehr nach Deutschland in den Taschen so vieler Deutscher der oberen Bevölkerungshälfte. Da gleiche Geld wäre besser investiert in ein niedrigeres Renteneintrittsalter. Auch das beseitigt Arbeitslosigkeit - und zwar ohne amoralische Nebenwirkungen.

     

    Und ich will da nicht auf der kleinen FDP rumtrampeln. CDU und CSU sind da voll im Trend sozial eiskalter Entscheidungen.

  • GN
    Giorgos Nikolovgenis

    Es ist exemplarisch, dass waehrend seines kurzen Amtes als Kulturminister, 2009, hat er sich dafuer besorgt, dass die Mehrheit der neuangestellten Beamten, beim gerade eroeffneten neuen Akropolis-Museum, aus seinem Heimatort , Messenien der Peloponnes, stammen, wo er auch als Abgeordneter gewaehlt wird. Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Er ist teil des korrupten Klientel-systems das Griechenland hier gefuehrt hat. Ist er die richtige Person, eine neue Richtung fuer das Land zu fordern? Ich befuerchte nicht

  • T
    T.V.

    Wird ja auch langsam Zeit das die Politiker mal zeigen, wem sie wirklich dienen. Nix als Hype um Pinkepinke