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Wahlprüfung ist abgeschlossenKeine Chance für BSW-Wahleinspruch

Das BSW wollte eine Neuauszählung der Bundestagswahl. Der zuständige Bundestags-Ausschuss sieht jedoch keine Wahlfehler.

Vergeblich: Übergabe des Wahleinspruchs durch die Co-Parteivorsitzende Amira Mohamed Ali im April 2025 Foto: Chris Emil Janssen/imago

Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags wird nächste Woche voraussichtlich die Einsprüche des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gegen das Ergebnis der Bundestagswahl ablehnen. Das geht aus dem 46-seitigen Entwurf für die Beschlussempfehlung hervor, den table.media jetzt veröffentlichte. Das BSW habe keinen Anspruch auf eine Neuauszählung der Bundestagswahl.

Bei der Bundestagswahl im Februar 2025 erzielte das BSW 4,981 Prozent der Stimmen und scheiterte denkbar knapp an der 5-Prozent-Hürde. Letztlich fehlten nur 9529 Stimmen für den Einzug in den Bundestag. Ein folgenschweres Scheitern: Nur weil das BSW nicht in den Bundestag einzog, haben CDU/CSU und SPD gemeinsam eine Mehrheit.

Seitdem fordert das BSW eine Neuauszählung der Stimmen und erhebt Einspruch gegen die Feststellung des Wahlergebnisses. Die Partei hat die Erwartung, bei einer Neuauszählung doch über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen. Zum einen gebe es bei Wahlen immer Zählfehler, es sei aber auch plausibel, dass es besonders viele Zählfehler zulasten des BSW gab. So hätten Wahlhelfer teilweise BSW-Stimmen der rechten Kleinpartei „Bündnis Deutschland“ zugeordnet, die auf dem Stimmzettel direkt darüber stand.

Der Wahlprüfungsausschuss will den Einspruch nun aber ablehnen. Die Abgeordneten erinnern daran, dass ein knappes Wahlergebnis allein noch keinen Anspruch auf eine Nachzählung gibt. Erforderlich seien vielmehr konkrete Hinweise auf mandatsrelevante Wahlfehler. Solche substanziellen Hinweise seien dem BSW nicht gelungen, heißt es im geleakten Beschluss-Entwurf.

Kein konkreter Hinweis auf weitere Fehler

Laut Ausschuss genüge der Hinweis auf bereits korrigierte Wahlfehler nicht. Zwar zeigte sich in den Tagen nach der Wahl, dass es tatsächlich viele Zähl- und Übertragungsfehler zulasten des BSW gab, die aber vor Ort gleich korrigiert wurden, weshalb die Zahl der fehlenden BSW-Stimmen von ursprünglich über 13.000 auf rund 9.500 sank. Daraus könne aber nicht zwingend geschlossen, werden, so der Ausschuss, dass es im (korrigierten) amtlichen Endergebnis ähnliche noch unentdeckte Fehler gebe.

So war in einem Wahlkreis in Chemnitz festgestellt worden, dass ein Wahlhelfer Stimmzettel-Stapel vertauscht hatte. Das BSW schrieb, es sei „völlig lebensfremd und extrem unwahrscheinlich“, dass dieser Fehler nur in Chemnitz passiert sei. Doch der Ausschuss hielt dagegen, das BSW habe bisher keinen zweiten Fall vorlegen können. Vermutungen „ins Blaue hinein“ genügten nicht.

Viele vermeintliche Wahlfehler konnten aber auch als Missverständnisse aufgeklärt werden. So hatten sich in verschiedenen Stimmbezirken BSW-Wähler beschwert, dass ihre Stimmen offensichtlich nicht gezählt worden waren, weil für die Partei in diesem Stimmbezirk null Stimmen vermerkt waren. Allerdings stellte sich dann oft heraus, dass diese BSW-Anhänger per Briefwahl gewählt hatten und deshalb separat gezählt wurden.

Über den BSW-Einspruch will der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags offiziell nächste Woche am Dienstag entscheiden. Die Empfehlung des Ausschusses muss dann noch im Plenum des Bundestags bestätigt werden. Anschließend will das BSW sofort Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Bis zu einer Karlsruher Entscheidung werden dann weitere Monate vergehen.

Das BSW hat aber auch wenig Anlass für Optimismus, dass das Bundesverfassungsgericht zu seinen Gunsten intervenieren wird. Schon direkt nach der Bundestagswahl hatte die Partei einen Eilantrag auf Neuauszählung der Stimmen gestellt, der aber mit einem Verweis auf das (im Grundgesetz geregelte) übliche Verfahren abgelehnt wurde: Erst muss der Bundestag das Wahlergebnis prüfen, dann erst ist das Verfassungsgericht am Zug.

Im Mai lehnte Karlsruhe zwei weitere Klagen des BSW als unzulässig ab. Unter anderem hatte die Partei ihre Rechte verletzt gesehen, weil es keinen gesetzlichen Anspruch auf Neuauszählung bei besonders knappen Wahlergebnissen gibt. Die Rich­te­r:in­nen machten die Partei darauf aufmerksam, dass der Gesetzgeber im Wahlrecht einen großen Gestaltungsspielraum hat.

Auch sonst gibt es bisher keinerlei Hinweise, dass das Bundesverfassungsgericht eine Neuauszählung der Bundestagswahl anordnen könnte. An dieser Front muss sich die Bundesregierung wohl wenig Sorgen machen.

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