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Wahlkampfauftakt im KongoOpposition sitzt am Boden fest

Im Kongo tobt der Wahlkampf, auch mit Gewalt. Oppositionsführer Tshisekedi kann nicht mitmachen - sein Flugzeug aus Südafrika wird nicht ins Land gelassen.

Sitzt gut: Etienne Tshisekedi, hier mit Kongos Senatspräsident Kengo wa Dondo in Brüssel. Bild: dpa

BERLIN taz In der Demokratischen Republik Kongo hindert die Staatsmacht den wichtigsten Oppositionsführer Etienne Tshisekedi am Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl am 28. November.

Ein Flugzeug, das den derzeit noch in Südafrika weilenden 79-jährigen Anführer der UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) in den Kongo bringen soll, kann wegen fehlender Genehmigungen nicht landen, bestätigte die Partei gegenüber der taz.

Der Kongo ist so groß wie Westeuropa, und die verschiedenen Landesteile sind nur auf dem Luftweg miteinander verbunden. Kongos größte Fluglinie, Hewa Bora, hat den Betrieb eingestellt, seit am 8. Juli eine ihrer Maschinen beim Landeanflug auf Kisangani in den Regenwald stürzte und mindestens 74 Passagiere starben.

Die einzige noch verbleibende landesweit operierende Fluglinie CAA ist wochenlang ausgebucht - die Opposition verdächtigt die Regierung, alle Flüge für sich selbst reserviert zu haben. Daher hat die UDPS in Südafrika zwei Flugzeuge und einen Hubschrauber gechartert, um sich frei im Kongo bewegen zu können.

Valentin Mubake, Präsident des UDPS-Nationalkomitees, sagte zur taz, für den Betrieb dieser Maschinen im Kongo sei eine Genehmigung der kongolesischen Luftfahrtbehörde RVA nötig. Diese werde aber nicht erteilt. "Wir warten", so Mubake. "Die Flugzeuge sind in Südafrika, Tshisekedi auch."

Eigentlich sollte Tshisekedi bereits am 25. Oktober im ostkongolesischen Kisangani zum Wahlkampfauftakt landen, dann am 2. November, dann am 6. November. Alle Termine verstrichen bislang ohne Tshisekedi.

"Groteske Lügen"

Die Affäre sorgt mittlerweile für heftigen Parteienstreit im Kongo. Informationsminister Lambert Mede wirft der UDPS Lügen vor und erklärte auf einer Pressekonferenz, die Partei habe niemals einen Antrag auf Fluggenehmigung eingereicht. Die zivile Flugbehörde AAC sagt, sie habe keinen Antrag erhalten.

Kabila-nahe Zeitungen lästern, die UDPS habe ihren Antrag möglicherweise aus Südafrika per Schiff losgeschickt, und sprechen von "grotesken Lügen" der Opposition, die damit ihre logistischen Schwierigkeiten verschleiern wolle.

Nun wartet die UDPS immer noch auf ihren Führer, während Präsident Joseph Kabila und der andere wichtige Oppositionsführer, Vital Kamerhe, bereits seit einer Woche aktiv sind. Tshisekedi kann jetzt entweder weiter warten - oder einen Linienflug nach Kinshasa nehmen und dann dort festsitzen.

In Abwesenheit Tshisekedis hat seine Partei am Wochenende immerhin ihren Wahlkampf in Katanga eröffnet, Kongos reichster Provinz und Kabila-Hochburg. Es kam zu Gewalt, als der UDPS-Wahlkampfkonvoi in Katangas Hauptstadt Lubumbashi an der Zentrale der Kabila-treuen Partei UNAFEC (Union kongolesischer Nationalisten und Föderalisten) vorbeizog, deren Führer Kyungu wa Kumwanza Präsident des Provinzparlaments ist.

Mindestens ein Mensch wurde getötet und mehrere verletzt. Kyungu war in den 1990er Jahren unter der Mobutu-Diktatur für Massenvertreibungen von Einwanderern aus Kasai, Tshisekedis Heimatprovinz, aus Katanga verantwortlich.

Auch aus Kinshasa und Goma wurden gewaltsame Zwischenfälle gemeldet. In Kinshasa wurde am Samstag ein Wahlkampfhelfer der Christdemokraten, die Tshisekedi unterstützen, von unbekannten Tätern schwer misshandelt.

In Goma wurde ein bekannter Sänger, der für den im Ostkongo starken Oppositionspolitiker Vital Kamerhe tätig werden sollte, mutmaßlich von der Präsidialgarde verschleppt und schließlich unter Polizeibewachung schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht; es kam zu Zusammenstößen in den Straßen der Stadt am Sonntag.

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4 Kommentare

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  • M
    magy

    Das sich Präsidenten in Afrika schwer tun mit einer Opposition ist ja nur zu gut bekannt, siehe u.a. Ruanda. Die Präsidenten wollen ihr Ding machen, wer nicht dafür ist wird zum Feind.

     

    Diese sog. demokratischen Wahlen sind zum Schein demokratisch, damit Gelder und Investoren ins Land kommen. Wäre in Kongo und anderen afrik. Ländern auch nur eine Spur von Demokratie würde man nicht mit allen Tricks und derartiger Gewalt gegen Oppositionelle oder Demonstranten, Menschenrechtler, Journalisten vorgehen. Allein das nach außen hin "freie" Wahlen abgehalten werden sollen, sieht die politische Welt als Zeichen von „Demokratie“ unterstützt das Gemache solcher und schon ist die Tür zu den Erdschätzen (wieder) offen.

    .

    Was Demokratie ist im Kongo konnte man sehen und zeigt sich jeden Tag, Gewalt, Manipulation, Korruption, verschwinden lassen, brutal prügeln, foltern und töten an Menschen die Tatsachen Berichten, Untätigkeit gegen die Milizen im Osten, Straflosigkeit gegenüber Vergewaltigern und Mördern aus den Reihen div. Milizen, keine Achtung von Menschenrechten und Menschenwürde,die Liste dazu endlos.

  • D
    daniel56

    Das Problem ist wohl weniger der Flug in die Hauptstadt, da man problemlos Linienflüge zB von Joh'burg nach Kinshasa kriegt (hab ich grad getestet), sondern dass sich manche afrikanische Präsidenten allzuoft schwer mit der Opposition tun. Die dann aber auch zuweilen mit Tricks, Lügen und Finten agiert - wie hier möglicherweise bei der Sache mit der Flugerlaubnis. Wenn "Die zivile Flugbehörde AAC sagt, sie habe keinen Antrag erhalten", und das entspräche NICHT der Wahrheit, dann sollte die UDPS doch versuchen, das zu beweisen.

     

    In Afrika stellt man Anträge nicht nur formal, indem man Papiere an irgendeine Behörde schickt, sondern man spricht auch persönlich vor, anders geht es eigentlich gar nicht. Wenn Tshisekedi die Erlaubnis wirklich schnell haben wollte, dann hat (bzw hätte) er einen - am besten einflussreichen - Beautragten dorthin geschickt, der dann mit den Verantwortlichen redet. Wenn dann trotzdem abgelehnt wird, gibt es wenigstens einen Zeugen, daß der Antrag gestellt wurde.

    Übrigens:

    Im Liberia ist auch gerade Wahlkampf, und es scheint auch tote Oppositionsanhänger nach einem Polizeieinsatz gegeben zu haben: http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-15624471

    Selbst unter zu recht gelobten Präsidenten wie Frau Sirleaf scheint sowas zu "passieren."

  • D
    daniel56

    Das Problem ist wohl weniger der Flug in die Hauptstadt, da man problemlos Linienflüge zB von Joh'burg nach Kinshasa kriegt (hab ich grad getestet), sondern dass sich manche afrikanische Präsidenten allzuoft schwer mit der Opposition tun. Die dann aber auch zuweilen mit Tricks, Lügen und Finten agiert - wie hier möglicherweise bei der Sache mit der Flugerlaubnis. Wenn "Die zivile Flugbehörde AAC sagt, sie habe keinen Antrag erhalten", und das entspräche NICHT der Wahrheit, dann sollte die UDPS doch versuchen, das zu beweisen.

     

    In Afrika stellt man Anträge nicht nur formal, indem man Papiere an irgendeine Behörde schickt, sondern man spricht auch persönlich vor, anders geht es eigentlich gar nicht. Wenn Tshisekedi die Erlaubnis wirklich schnell haben wollte, dann hat (bzw hätte) er einen - am besten einflussreichen - Beautragten dorthin geschickt, der dann mit den Verantwortlichen redet. Wenn dann trotzdem abgelehnt wird, gibt es wenigstens einen Zeugen, daß der Antrag gestellt wurde.

    Übrigens:

    Im Liberia ist auch gerade Wahlkampf, und es scheint auch tote Oppositionsanhänger nach einem Polizeieinsatz gegeben zu haben: http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-15624471

    Selbst unter zu recht gelobten Präsidenten wie Frau Sirleaf scheint sowas zu "passieren."

  • S
    sonja

    Diese Wahlen sind einfach ein Witz. Und ein Skandal, dass die internationale Gemeinschaft offensichtlich gewillt ist, diese desaströse Spektakel zu unterstützen und als "demokratisch" anzuerkennen.