piwik no script img

Wahlkampf in Rheinland-PfalzIm Land der Skandale

Zehn Wochen vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: Untersuchungsausschüsse liefern beständig Material zum Beschuss des politischen Gegners.

Kurt Beck (links) und Julia Klöckner, fotografiert bei der Eröffnung eines Steinskulpturenmuseums. Bild: dpa

Nur noch zehn Wochen bis zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Und ein Ende der Schlammschlacht zwischen Sozial- und Christdemokraten ist nicht in Sicht. Gleich zwei Untersuchungsausschüsse im Landtag liefern den Kombattanten fortlaufend Munition für den Dauerbeschuss des politischen Gegners. Der eine beschäftigt sich mit der abenteuerlichen Affäre um die von der Landesregierung von Kurt Beck (SPD) zu verantwortende windigen Finanzierung des Freizeitparks am Nürburgring. Der andere befasst sich mit der illegalen Verschiebung von Steuergeld von der Fraktions- in die Parteikasse der CDU.

Im Lande von Exbundeskanzler Kohl geht es natürlich um "Bimbes", aber auch um Vetternwirtschaft und Ämterpatronage. Und tatsächlich hat die Regierungszeit von "König Kurt in Rheinland-Filz" (CDU-Jargon) längst Kohlsche Dimensionen. Doch Becks Herausforderin, die junge CDU-Landesparteichefin Julia Klöckner, 38, kann vom Überdruss am System Beck kaum profitieren. Die Sympathiewerte für den Platzhirsch Beck liegen noch immer über denen für Klöckner. Ihr wird gerade von Clemens Hoch, dem Obmann der SPD im "UA Finanzskandal CDU", vorgeworfen, vom rechtswidrigen Transfer von Fraktionsgeldern in die Parteikasse im Jahre 2006 gewusst, die Sache aber bis Ende 2010 "mit totgeschwiegen" zu haben. Schließlich habe die frühere Weinkönigin (Nahe) seinerzeit schon mit an der Spitze der rheinland-pfälzischen CDU gestanden. Und es sei doch "mehr als unglaubwürdig", dass der ehemalige CDU-Partei- und Fraktionschef Christoph Böhr und sein Parlamentarischer Geschäftsführer Markus Hebgen die 400.000 Euro alleine an den Parteigremien vorbei veruntreut hätten.

Die Personalie Hebgen sorgt inzwischen auch in Hessen für Irritationen. Der wegen schwerer Untreue und Betrug verurteilte passionierte Bordellgänger - bezahlt wurde auch schon einmal mit der Kreditkarte der Fraktion - setzte danach nämlich auf die andere Rheinseite über und wurde Geschäftsführer der Stiftung Kloster Eberbach. Auch dort soll er indirekt in die Kasse gegriffen und mit Stiftungsgeld offene Rechnungen der Union in Rheinland-Pfalz bezahlt haben. Jetzt werden auch in Hessen unangenehme Fragen gestellt. Etwa: Was wusste die damalige Landesregierung unter Roland Koch (CDU) davon? Oder: Warum bekam Hebgen den Job bei der staatlichen Stiftung ohne Ausschreibung?

Bei der SPD konnte man sich die Hände schadenfroh allerdings nicht lange reiben. Letzte Woche monierte das Bundesverwaltungsgericht nämlich die vorschnelle Besetzung der Präsidentenstelle am Landgericht Koblenz durch Justizminister Bamberger (SPD) mit einem Favoriten der Landesregierung. Von "Verfassungsbruch" ist die Rede. Und jetzt trumpft die CDU wieder auf. Man behalte sich in diesem Fall "das gesamte Spektrum der parlamentarischen Instrumente bis hin zur Ministerklage" offen, ließ Fraktionschef Christian Baldauf verlautbaren.

War das noch was? Ja, Genossenfilz in Bad Bergzabern etwa, der Hometown von Kurt Beck. Innenminister Peter Bruch (SPD) räumt inzwischen ein, dass da "Fehler gemacht wurden". Sicher nur kleine Fehler wie auch am Nürburgring, höhnte CDU-Generalssekretär Josef Rosenbauer an diesem Sonnabend süffisant, die den Steuerzahler bislang 350 Millionen Euro gekostet hätten. Bislang. Der Rechnungshof rügt jetzt auch noch den kompletten Landeshaushalt 2011 der Regierung Beck wegen Überschuldung als "verfassungsrechtlich bedenklich".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • E
    EnzoAduro

    der Hometown???

    Das passende Adjektiv ist doch die oder? :-)