Wahlkampf in Bremerhaven: Selfie mit einem Rechtspopulisten

Bremerhavener Politiker von CDU und Grüne knipsen ein Bild mit einem Bürger in Wut. Was wohl unpolitisch sein sollte, kritisiert die SPD.

Eine Straße mit Autos und Wahlplakaten von Bürgern in Wut und anderen Parteien in Bremen

„Autofahrer wehrt Euch!“ – bürgerlich-konservative Themen bewegen die Bürger in Wut, aber nicht nur Foto: Sina Schuldt/dpa

BREMEN taz | Drei Männer lächeln in die Sonne. „Parteiübergreifender Wahlkampf in Wulsdorf“ steht über dem selbstgeschossenen Foto aus dem genannten Stadtteil in Bremerhaven. Und: „Wer fehlt? Die Arroganten von der SPD.“ Der Bremerhavener CDU-Kandidat für die in eineinhalb Wochen anstehende Bürgerschaftswahl, Dieter Neuhoff, hat das Foto samt Überschrift auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht.

Neben ihm hält Claas Schott, der für die Grünen in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung sitzt, einen Flyer ins Bild. Und als dritter lächelt Sascha Schuster, Stadtverordneter der rechten Bürger in Wut (BiW), in die Kamera – und dafür hagelt es jetzt Kritik.

„Grüne und CDU haben offensichtlich ein Abgrenzungsproblem nach rechts“, kritisiert Bremerhavens SPD. Die nur im Land Bremen aktive Partei BiW bezeichnet sich selbst als bürgerlich-konservativ, wird politikwissenschaftlich aber als rechtspopulistisch eingeschätzt, schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung.

Ihr Spitzenkandidat für die kommende Wahl ist Piet Leidreiter, der 2015 für die AfD in die Bremer Bürgerschaft gewählt wurde und 2017 zu den Bürgern in Wut wechselte. Auf einem Wahlplakat ist er derzeit mit dem Slogan „Gegen Denk- und Sprachverbote“ zu sehen.

Foto mittlerweile gelöscht

„Hinter der Fassade von BiW“, so die stellvertretende SPD-Vorsitzende Janina Strelow, „stecken enge Verbindungen zu ultrarechten Kreisen.“ Grüne und CDU müssten eine Seite wählen, fordert Bremerhavens SPD-Vorsitzender Martin Günthner: Entweder man kämpfe gegen rechte Parteien und ihre menschenfeindliche Hetze, „oder man macht sie hoffähig, wie es hier geschieht“.

Der kritisierte Facebook-Post von CDUler Neuhoff ist mittlerweile gelöscht, der taz liegt ein Screenshot vor. Darauf sind Foto und Bildüberschrift zu sehen – und außerdem, dass Thorsten Raschen, CDU-Fraktionsvorsitzender in der Stadtverordnetenversammlung, unter der Veröffentlichung auf den Button „Gefällt mir“ gedrückt hat.

Die SPD wirft zudem dem Grünen Claas Schott vor, das Foto auf seinem eigenen Profil geteilt zu haben. Die Pressestelle der Grünen widerspricht: Schott sei verlinkt worden, deshalb sei das Bild auch in seinem Profil aufgetaucht. Aktiv geteilt habe er es aber nicht.

Mittlerweile haben sich die Grünen und Schott selbst von dem Foto distanziert: Schott entschuldigte sich und erklärte, es hätte nie zu dem Foto kommen dürfen. Auf Facebook beklagt er, dass das Selfie der drei Männer in einen „politischen Zusammenhang gebracht worden“ sei. Neuhoffs Beitrag erwecke den Eindruck, er mache gemeinsame Sache mit Rechts­po­pu­lis­t*in­nen und stünde mit BiW und CDU gemeinsam gegen die SPD. Davon, ebenso von den Positionen der BiW, distanziere er sich ausdrücklich.

Entschuldigung auf Facebook

Dieter Neuhoff entschuldigte sich in einem Kommentar unter Schotts Facebook-Beitrag; dieser habe schließlich nichts für die gewählte Bildüberschrift gekonnt. Aber auch er findet: „Was dort hineininterpretiert wird, liegt leider nicht immer in unseren Händen.“ Abgesehen von diesem Kommentar hat sich die CDU bisher nicht öffentlich zu dem Vorfall positioniert.

Auf Anfrage der taz schreibt Bremerhavens Bürgermeister und CDU-Vorsitzender Torsten Neuhoff, die CDU nehme das Gruppenbild „lediglich zur Kenntnis“. Das Foto mit dem BiW-Politiker sei „ohne Aussagen zu politischen Einstellungen“ gemacht worden, erklärt er.

Erst Presseberichte hätten zu einer „irritierenden Bewertung“ geführt. „Die sich daraus ableitende Erklärung politischer Abgrenzung wäre aus Sicht der CDU Bremerhaven gar nicht notwendig gewesen“, so der Bürgermeister weiter. Über politische Zusammenarbeit entscheide schließlich der Kreisparteitag und auch das erst mit Vorliegen der Wahlergebnisse.

Jan Timke, Mitbegründer von BiW und langjähriger Bürgerschaftsabgeordneter, kritisierte die Distanzierung von Claas Schott: Dieser leiste „untertänigst öffentliche Abbitte“, offenbare so ein für die Grünen typisches „defizitäres Politikverständnis“, das nur politisch Gleichgesinnte akzeptiere. Die Empörung der SPD weist er als Wahlkampf zurück.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.