Wahlen in Montenegro: Ein bisschen mehr Serbien
In Montenegro ist ein demokratischer Machtwechsel geglückt. Aber gleichzeitig dürfte der serbische Nationalismus im Land Auftrieb bekommen.
W enn auf der Feier nach dem Sieg des künftigen Präsidenten Jakov Milatović junge Männer mit serbischen Flaggen, in Tschetnikuniform und dem Gruß der nationalistischen Serben – den gespreizten drei Fingern – zu tanzen beginnen, dann muss das jene verwundern, die von einem Sieg der Demokratie in Montenegro und einem Bekenntnis der Wähler zu Europa sprechen.
Der mit 37 Jahren junge Neupräsident Milatović hat mit seiner Partei Europa jetzt den seit 1990 regierenden Milo Ðukanović geschlagen. Wer aber davon ausgeht, Milatović könnte das Land schnell an die EU heranführen, könnte sich täuschen. Montenegrinische, serbische und politisch-intellektuell wache Leute aus der gesamten Region sind alarmiert: Milatović wird dem Wunsch der serbisch-orthodoxen Kirche und der Nationalisten, das „Brudervolk“ Montenegro nach Serbien zurückzuholen, zumindest teilweise entgegenkommen müssen. Weil die Kirche und der serbische Nationalismus Ðukanović dafür hassen, dass dieser Montenegro in den vergangenen 30 Jahren von Serbien gelöst und sogar in die Nato geführt hat, verspricht Milatović schon jetzt, das Land näher an Serbien zu rücken.
Montenegro solle sich an Europa, aber auch an Serbien anlehnen, erklärte er im Wahlkampf. Dass er die Geschichtsversion Serbiens übernommen hat und Kroatien und Bosnien für den Krieg der 90er Jahre verantwortlich macht, aber über die serbischen Verbrechen von Vukovar, Dubrovnik und Srebrenica nicht spricht, gehört zu dieser Strategie. Die serbische Kirche und die serbischen Nationalisten von deren historischer Schuld reinzuwaschen, ist die Voraussetzung dafür, Montenegro für die „serbische Welt“ zu gewinnen.
Noch gibt es das promontenegrinische Lager. Wahlverlierer Ðukanović hat immerhin 40 Prozent der Stimmen gewonnen. Der Machtkampf zwischen den beiden Lagern ist noch nicht entschieden. Falls Milatović einen Eiertanz vollzieht, könnte seine Partei bei den anstehenden Parlamentswahlen auch scheitern. Aber ein Machtgleichgewicht hat er schon jetzt erreicht.
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