Wahlen in Indien: Nationalisten gegen Singh

Am Donnerstag beginnt in Indien eine Superwahl in fünf Etappen. 715 Millionen Wähler dürfen über das Unterhaus abstimmen. Wichtigstes Wahlkampfthema war die innere Sicherheit.

In Indien wird größtenteils mit Wahlmaschinen abgestimmt. Hier wird die Verteilung koordiniert. Bild: dpa

DELHI taz Wenn ab Donnerstag die Menschen in Indien an die Wahlurnen gehen, um ein neues Unterhaus zu wählen, beginnt eine Abstimmung der Superlative: 714 Millionen Wahlberechtigte - ein Neuntel der Menschheit - sind dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. 4 Millionen Helfer werden in 828.804 Wahllokalen eingesetzt. Mehr als 5.000 Kandidaten treten für über 200 Parteien oder als Unabhängige an. Zwei Millionen Polizisten, Paramilitärs und Soldaten sollen die Wahl sichern, die aus Sicherheits- und organisatorischen Gründen in fünf Etappen bis zum 13. Mai abgehalten wird.

Die Wahl wird zur Bewährungsprobe für die regierende Kongresspartei um Premier Manmohan Singh und seine Vereinte Fortschrittsallianz (UPA). Singhs Regierung kann sich einige Erfolge auf die Fahne schreiben: Indiens Wirtschaft ist seit Antritt der Koalition im Jahr 2004 rasant gewachsen. Noch vor dem Ende der Ära Bush gelang es Singh, einen Nukleardeal mit den USA abzuschließen, der es der illegitimen Atommacht Indien gestattet, Atomtechnologie und nuklearen Brennstoff aus dem Ausland einzukaufen.

Die Stimmung auf dem Land, wo drei von vier Indern leben, ist überwiegend gut. Ein umfangreiches Beschäftigungsprogramm der Regierung und der Zugang zu günstigen Darlehen für Kleinbauern haben den Wohlstand in den vergangenen fünf Jahren erhöht. Davon dürfte die Kongresspartei profitieren. Im Fall eines Sieges soll Premierminister Manmohan Singh weiter im Amt bleiben.

Für die Hindu-nationalistische Indische Volkspartei (BJP) mit ihrer Nationaldemokratischen Allianz geht Oppositionschef Lal Krishna Advani ins Rennen. Der 81-jährige Rechtspopulist spielt im Wahlkampf die religiöse Karte: Religion soll in Zukunft in Indiens Politik eine stärkere Rolle einnehmen. Auch will Advani im Fall seines Wahlsiegs dafür sorgen, dass der Ram-Tempel im nordindischen Ayodhya gebaut wird. 1992 waren es seine Anhänger und Mitglieder fanatischer Hindu-Organisationen, die in Ayodhya eine jahrhundertealte Moschee stürmten und zerstörten. Ausschreitungen im gesamten Land mit tausenden von Todesopfern waren die Folge. Damals hatte Advani die Mobs über Monate angeheizt, später aber bestritten, für die Gewaltwelle verantwortlich zu sein.

Ein Aspekt beschert der Indischen Volkspartei derzeit einen gewissen Zulauf: Viele Menschen sind wegen der etlichen Terroranschläge des vergangenen Jahres wütend auf die Regierung, die aus ihrer Sicht zu wenig unternommen hat, um Anschläge zu verhindern. Das wusste die BJP zu nutzen: Das Thema Sicherheit steht ganz oben auf ihrem Wahlprogramm.

Doch die erst kürzlich gegründete "dritte Front" könnte beiden großen Parteien einen Strich durch die Rechnung machen. Laut Prognosen könnte das Bündnis ein Fünftel der Sitze im Unterhaus erringen. Neben Mayawati, der Ministerpräsidentin des Bundesstaates Uttar Pradesh, sind mehrere linke Parteien und Regionalparteien in dem Bündnis vertreten. Besonders stark ist die Communist Party of India (CPM). Sie stellt in den Bundesstaaten Westbengalen und Kerala die Regierung. Für Marxistenchef Prakash Karat ist klar: Die "dritte Front" wird die Wahl gewinnen. Aber bis zum 16. Mai gilt, was sich in Indien schon oft gezeigt hat: Wahlen in der "größten Demokratie der Welt" sind unberechenbar.

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