Wahl von Kataloniens Regierungschef: Anwesenheitspflicht für Puigdemont
Carles Puidgemont darf zwar kandidieren, muss aber dafür aus dem Exil zurückkehren, urteilt Spaniens Verfassungsgericht. Dann droht ihm die Verhaftung.
Das Problem ist: Bei einer Rückkehr nach Spanien droht dem 55 Jahre alten früheren Journalisten unter anderem wegen Rebellion die sofortige Untersuchungshaft, eine Verurteilung und eine sehr lange Haftstrafe. Puigdemont wollte sein Regierungsprogramm deshalb per Skype von Brüssel aus präsentieren.
Nach dem Erfolg der Separatisten bei der Neuwahl im Dezember war Puigdemont vom katalanischen Parlamentspräsidenten Roger Torrent erst vor wenigen Tagen zum Kandidaten ernannt worden. Der Ex-Regionalchef war nach seiner Amtsenthebung Ende Oktober nach Belgien geflohen, um einer Festnahme zu entgehen. Seiner Flucht vorausgegangen waren ein illegales Unabhängigkeitsreferendum sowie ein Beschluss zur Abspaltung Kataloniens von Spanien.
Richter entscheiden sich für Kompromisslösung
Die Richter waren am Samstag aufgrund eines Anfechtunsantrags der spanischen Zentralregierung zusammengekommen und entschieden sich nach einer insgesamt gut achtstündigen Marathonsitzung für eine Kompromisslösung. Die Kandidatur Puigdemonts wurde weder – wie von Madrid gewünscht – sofort gekippt noch bedingungslos akzeptiert.
Puigdemont betrachtete das Justizurteil deshalb als Niederlage für Madrid. „Sogar das Verfassungsgericht hat den Betrug, den der Moncloa-Palast (die Regierung) vorhatte, zurückgewiesen“, schrieb er auf Twitter. Die Zentralregierung sah es derweil ganz anders und feierte „das Verbot einer betrügerischen Parlamentssitzung“, wie ein Sprecher sagte. Ministerpräsident Mariano Rajoy meinte auf Twitter, alle Demokraten hätten die Pflicht, die Gerichtsurteile zu respektieren.
Dass Puigdemont aus dem belgischen Exil nach Spanien zurückkehrt, ist mehr als fraglich. Er müsste unbemerkt einreisen und sich ins Parlament einschleichen. Parlamentarische Immunität würde der Vater zweier kleiner Mädchen nach Meinung von Juristen bestenfalls erst dann genießen, wenn er den Amtseid als Abgeordneter abgelegt hat. Doch das Verfassungsgericht stellte am Samstag auch klar, dass der gewählte Kandidat aufgrund des vorliegenden Haftbefehls sein Amt „nicht ohne richterliche Genehmigung“ antreten kann.
Separatistische Initiative erwägt neue Proteste
Was die Wahl von Puigdemont zusätzlich erschwert, ist folgende Entscheidung der Richter: „Die Abgeordneten, gegen die ein Haftbefehl vorliegt, dürfen ihre Stimmabgabe nicht delegieren“. Drei separatistische Abgeordnete sitzen bei Madrid in U-Haft, mit Puigdemont halten sich vier weitere ebenfalls in Belgien auf. Ihnen allen werden unter anderem Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Mittel vorgeworfen. Die drei für die Unabhängigkeit Kataloniens eintretenden Parteien hatten bei der Neuwahl vom 21. Dezember zwar eine Mehrheit der Sitze errungen, diese fiel aber mit 70 von insgesamt 135 Sitzen knapp aus.
Die Lage in Katalonien spitzt sich unterdessen nicht nur politisch und juristisch, sondern auch emotionell zu. Erinnerungen an die Chaos-Wochen des cergangenen Herbstes werden wach: In einem Brief an Innenminister Juan Ignacio Zoido beklagte sich der katalanische Parlamentspräsident Torrent über die zuletzt wieder verstärkte Polizeipräsenz in den Straßen um das Parlamentsgebäude. Er forderte eine „Erklärung für die ungewöhnliche Aktion“.
Die separatistische Bürgerinitiative ANC meinte, bald seien wohl neue Straßenproteste nötig. Und die zum Lager der Unabhängigkeits-Befürworter gehörende kleine linksradikale Partei CUP, auf deren Stimmen Puigdemont angewiesen ist, rief sogar zum Ungehorsam und zur Nichtbefolgung negativer Gerichtsurteile auf.
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