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Wahl in der SonderverwaltungszonePeking-Kritiker enttäuscht

Die Anhänger der Pekinger Regierung haben bei der Wahl in Hongkong knapp gewonnen. Patriotismus wird wohl trotzdem nicht an Schulen unterrichtet werden.

Hongkongs Verwaltungschef Leung Chun-ying. Bild: reuters

PEKING taz | Wochenlang haben Zehntausende Hongkonger gegen die Einführung von „Patriotismus-Unterricht“ und damit gegen die Führung in Peking protestiert - zuletzt zehn Tage am Stück vor dem Regierungssitz. Doch der Protest hat nicht ausgereicht. Bei den Parlamentswahlen am Sonntag gelang es den beiden Peking-freundlichen Parteien, zumindest so viel Stimmen zu bekommen, dass das Regierungslager stärkste parlamentarische Kraft in der chinesischen Sonderverwaltungszone bleibt.

Nach Angaben von Hongkongs Wahlbehörde errangen die drei demokratischen Oppositionsparteien zusammen 27 Sitze. Damit kommen sie zwar bei den insgesamt 40 zur freien Wahl stehenden Sitze auf mehr als die beiden finanzstarken Peking-freundlichen Parteien. Doch weitere 30 Sitze werden besetzt von Wirtschafts- und anderen Interessensvertretern und die sind meist Peking-freundlich.

Die Oppositionsparteien hatten sich vorher zu einer sogenannten „pandemokratischen Allianz“ verbündet und benötigten gemeinsam mindestens 24 Sitze, um etwa allzu prochinesische Gesetzesvorhaben zu verhindern. Dieses Ziel haben sie immerhin erreicht. Für eine Gesamtmehrheit von 35 reichte es aber nicht. Angesichts des Rückenwinds durch die Proteste ist die Enttäuschung groß. Der Chef der Demokratischen Partei, Albert Ho Chun-yan, trat zurück, nachdem seine Partei vier der vorher acht Sitze verlor.

Überschattet war die Wahl vom Streit um das neue Schulfach „Patriotismus“, das Chinas Regierung ab 2016 verpflichtend an allen Hongkonger Grund- und Mittelschulen einführen wollte. Dabei handelt es sich um eine Art Sozialkunde über das politische System der Volksrepublik, die aber wichtige Ereignisse wie die Niederschlagung der Demokratiebewegung vom 4. Juni 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking ausschloss.

Zehntausende haben in den vergangenen Wochen auf Hongkongs Straßen gegen dieses Vorhaben protestiert, darunter auch viele Lehrer. Sie sehen darin den Versuch Pekings einer prochinesischen „Gehirnwäsche“. Was Chinas Führung als besonders provokant empfunden haben dürfte: Die Demonstranten hatten aus Gips eine Freiheitsstatue aufgestellt. Die selbe Symbolik nutzten bereits die Studenten bei den Pekinger Protesten 1989.

Was das Schulfach betrifft, gab sich Hongkongs Regierungschef Leung Chun-ying angesichts des starken Widerstands am Tag vor den Wahlen kompromissbereit und überließ die Einführung nun den Schulen. Eigentlich sollte das Fach mit Beginn des Schuljahrs Anfang September bereits unterrichtet werden.

Hongkong war bis 1997 britische Kronkolonie und ist seitdem eine Sonderverwaltungszone innerhalb der Volksrepublik mit eigenem Rechtssystem sowie Presse- und Meinungsfreiheit. Peking hat versprochen, dass 2017 erstmals Hongkongs Regierungschef direkt gewählt wird, 2020 dann auch das Parlament. Die Wahl galt jetzt als Stimmungsbild, ob sich die Hongkonger 15 Jahre nach der Rückgabe stärker mit der Volksrepublik identifizieren.

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2 Kommentare

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  • XZ
    Xie Zeren

    @ liä dsi: Nur mal so im Vorübergehen ein paar der Vorurteile herausgegriffen, die seit Jahrhunderten existieren und auch aus Ihrer Zuschrift einem förmlich ins Auge springen. Schade um die Verfremdung des ursprünglichen Charakters des Liezi (Ihren Namen würde ein Chines nie und nimmer mit dem Urheber der gleichnamigen Schrift in Verbindung bringen - dazu am Ende noch eine Bemerkung):

     

    " … Hindernisse liegen in seinem Charakter, im Ort seiner Wohnung und in seiner Geschichte uns klar vor Augen. Mongolischer Abkunft ist die Nation, wie ihre Bildung, ihr grober oder verschrobener Geschmack, ja selbst ihre sinnreiche Künstlichkeit und der erste Wohnsitz ihrer Kultur zeiget. ... Sinesen waren und blieben sie, ein Volksstamm mit kleinen Augen, einer stumpfen Nase, platter Stirn, wenig Bart, großen Ohren und einem dicken Bauch von der Natur begabet; was diese Organisation hervorbringen konnte, hat sie hervorgebracht, etwas anders kann man von ihr nicht fordern. ... Nur ein mongolisches Ohr konnte darauf kommen, aus dreihundertdreißig Silben eine Sprache zu formen, die sich bei jedem Wort durch fünf und mehrere Akzente unterscheiden muß ... Welch ein Mangel an Erfindungskraft im Großen und welche unselige Feinheit in Kleinigkeiten gehörte dazu, dieser Sprache aus einigen rohen Hieroglyphen die unendliche Menge von achtzigtausend zusammengesetzten und mehr Schriftarten die sinesische Nation unter allen Völkern der Erde auszeichnet!"

    (J.G. Herder, Ideen zu einer Geschichte der Menschheit, III. Teil, 11. Buch, 1. Abschnitt China)

     

    Und nun zu Richard Wilhelm, der das Liezi einstmals übersetzte. Der bemerkte nämlich am Ende seiner Mission und in fortgeschrittenem Alter zu China:

    „Es ist mir ein Trost, daß ich als Missionar keinen Chinesen bekehrt habe“.

    Und wenn Sie mich fragen an welcher Einstellung gegenüber China und seinen Bewohnern man sich eher ein Beispiel nehmen sollte, so kennen Sie die Antwort bereits!

  • LD
    liä dsi

    ja natürlich die pekinger regierungsparteianhänger haben gewonnen bei den wahlen in hongkong.

    die ehemaligen koloniebewohner sehnten sich

    wieder von einer zentralmacht politqlique..

    kontrolliert zu werden.wen interessiert da die selbst.- oder mitbestimmung.tibet hatte ja auch um entwicklungshilfe gebeten..und dafür lieber die souveränität aufgegeben..so ist der mensch..lieber läßt er sich bevormunden als sein schiksal selbst zu organisieren.da brauchte man eben den, wenn auch knappen sieg der regierungspartei.dass es überhaupt wahlen hat geben können.jedenfalls fällt der knappe sieg nun nicht so auf.....und knapp gewonnen sieht aus wie echte wahlen..besser als keine...auch wenn es nichts zu wählen gibt..weil schon klar war wer zu gewinnen hat.da wird die "opposition" aber gut zu arbeiten haben am sieg der zentralregierungspartei..

    ob es imchinesischen überhaupt ein wort gibt für freiheit und wie mag die begrifflichkeit erfüllt sein? china ist ja ein land welches von diktaturen

    jahrtausendelang beherrscht wurde...mal was für chinakundike sprachforscher,wie ist der freiheitsbegriff im chinesischen kulturraum zu deuten?