Wahl in Sachsen-Anhalt: Keine echten Gewinner
Der CDU-Politiker Reiner Haseloff gewinnt, ist aber auf die SPD angewiesen. Deren Kandidat Jens Bullerjahn wird nur Dritter. Doch stehen der SPD fast alle Optionen offen.
MAGDEBURG taz | In der CDU-Fraktion sieht man sich am Wahlabend spontan in der Wahlstrategie bestätigt. Und die hatte gelautet: "Weiter so!" Das Bedürfnis nach Kontinuität ist groß, der Applaus bei Bekanntgabe der ersten Prognosen verhalten.
Energischer beklatschen die Parteianhänger in den Unionsräumen des Magdeburger Landtags das Ergebnis der Linkspartei sowie das der NPD. In den letzten Wochen war die Angst, die SPD könne die Linkspartei noch überholen und rot-rote Experimente eingehen, gewachsen.
Jetzt geht die Partei wie selbstverständlich davon aus, dass die Koalition mit der SPD fortgesetzt wird. "Wenn SPD-Spitzenkandidat Bullerjahn etwas anderes macht, ist er ein politischer Hasardeur", sagt ein CDU-Abgeordneter.
Landtagswahl Sachsen-Anhalt 2011 (2006):
CDU: 32,5 (36,2) Prozent, 41 Sitze
Linke: 23,7 (24,1) Prozent, 29 Sitze
SPD: 21,5 (24,1) Prozent, 26 Sitze
Grüne: 7,1 (3,6) Prozent, 9 Sitze
NPD. 4,6 (-) Prozent
FDP: 3,8 (6,7) Prozent
Andere: 6,9 (8,0) Prozent
Quelle: Vorläufiges amtliches Endergebnis
CDU-Spitzenkandidat Reiner Haseloff sagt schon kurz nach 18 Uhr an, umgehend Gespräche mit der SPD führen zu wollen. "Jens Bullerjahn weiß, wofür wir stehen", sagt er, der künftige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Der angesprochene Bullerjahn steht kurz vor 18 Uhr mit verschränkten Armen vor den Fraktionsräumen der SPD im Landtag.
"Es hat keiner gesagt, dass es leicht wird", raunt er einem der rund 50 Genossen zu, die um ihn stehen. Natürlich kennt er da bereits die Zahlen, die gleich in den Prognosen verkündet werden. Als der SPD-Balken bei etwas über 21 Prozent stehen bleibt, herrscht große Stille bei den Sozialdemokraten.
Lange bleibt auch Bullerjahn stumm, er starrt auf den Bildschirm, bewegt sich nicht. "Ja sicher, wir hätten uns ein paar Prozent mehr gewünscht", sagt er schließlich in die Mikrofone, bevor er zu den TV-Runden aufbricht und durch die Gänge des Landtags eilt.
Von da an steht er im Mittelpunkt des Interesses, wird mit Fragen bombardiert. Ja, man bleibe dabei, die SPD werde nicht Juniorpartner der Linkspartei. Mantraartig wiederholt er, was er seit Monaten sagt. Und man merkt ihm an, wie unwohl er sich fühlt.
Kaum begeistert sind auch die wenigen Genossen der Linkspartei, die sich im Landtag versammelt haben. Beinahe teilnahmslos stehen sie mit Bratwurst und Bier kurz nach 18 Uhr in ihren Fraktionsräumen. Alles bleibt beim Alten, das wissen sie. Auch wenn sie immer wieder Richtung SPD appellieren.
Als Spitzenkandidat Wulf Gallert auftaucht, klatschen seine Parteifreunde pflichtbewusst. Als "Niederlage für Schwarz-Gelb im Bund" bezeichnet er das Ergebnis, als wolle er demonstrativ davon ablenken, dass seine Partei beide Wahlziele verpasst hat.
Landesvize Birke Bull sagt später, es sei jetzt an der SPD. Die Zahlen geben Rot-Rot her, auch wenn die SPD das unter der Führung der Linken ausgeschlossen hat. Man werde ihr Gespräche anbieten. Sie muss selbst dabei lächeln.
Tiefe Trauer herrscht bei der FDP. "Ein Erdbeben, und die FDP ist draußen", heißt es bitter mit Blick auf den negativen Bundestrend. 25 Stellen in der Fraktion sind betroffen. Wählerwanderungen will man genau analysieren, insbesondere die zu den Piraten und den Kleinen, die vor dem Landtag gegen die 5-Prozent-Hürde protestierten.
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