Wahl in Hongkong: Erfolg für prodemokratische Kräfte
Die prodemokratischen Kräfte in Hongkong haben sich behauptet. Mit 27 Sitzen im Legislativrat behalten sie ihr Vetorecht gegen die Peking-freundliche Stadtregierung.
Die Wahl galt als wichtigste seit der Übergabe der einstigen britischen Kolonie an die Volksrepublik im Jahr 1997. Sie war außerdem die erste Abstimmung seit den Demonstrationen der Demokratiebewegung 2014. Es ging auch darum, den Peking-freundlichen Stadtchef Leung Chun Ying und seine Regierung in Schach zu halten. Zuletzt hielt das demokratische Lager 27 von insgesamt 70 Mandaten.
Wegen einer Rekord-Wahlbeteiligung verzögerte sich die Auszählung der Stimmen. Rund 2,2 Millionen oder 58 Prozent der rund 3,8 Millionen registrierten Wähler gaben ihre Stimme ab. 2008 waren es nur 45,2 Prozent gewesen.
Unter den Gewinnern ist auch eine Gruppe junger Kandidaten, die an den großen prodemokratischen Protesten 2014 teilgenommen hatten. Der 23-jährige Student Nathan Law gewann offenbar einen Sitz im Wahlkreis Hongkong Island, der sechs Abgeordnete in den Legislativrat entsendet, wie am Montag bekannt wurde. Law war an der Führung der „Regenschirm-Proteste“ beteiligt.
Er lag nach Auszählung von 90 Prozent der Wahlzettel auf dem zweiten Platz. „Das zeigt, dass die Menschen in Hongkong etwas ändern wollen“, sagte er. Law kandidierte für die Partei Demosito, die ein Referendum für ein Recht auf „Selbstbestimmung“ über Hongkongs Zukunft fordert.
Der 38-jährige Eddie Chu verbuchte mit 84 121 Stimmen das beste Ergebnis der mehr als 200 Kandidaten für die 35 Wahlbezirke. Chu hatte sich für eine Landreform stark gemacht.
Junge Radikale fordern Unabhängigkeit
Als Überraschung galt auch der mögliche Wahlerfolg zweier Kandidaten der Gruppe Youngspiration – der 25-jährigen Yau Wai Ching und des 30 Jahre alten Sixtus „Baggio“ Leung. Letzterer war für seinen Freund Edward Leung von der Gruppe Hongkong Indigenous eingesprungen, nachdem dieser wegen Eintretens für eine Unabhängigkeit aus dem Rennen ausgeschlossen worden war.
Hongkongs Legislativrat besteht aus 35 Abgeordneten der jeweiligen Wahlbezirke. Weitere 30 Sitze werden von Vertretern der Geschäftswelt oder Handelsorganisationen in Branchen wie dem Finanz- und Gesundheitswesen und der Fischereiindustrie besetzt. Über fünf sogenannte „Supersitze“ sollen Wähler im gesamten Stadtgebiet abstimmen.
Die politischen Neulinge traten sowohl gegen etablierte Peking-freundliche Parteien als auch gegen ältere prodemokratische Konkurrenten an. Einige junge Radikale sprechen sich für die früher undenkbare Idee einer Unabhängigkeit Hongkongs aus und haben damit eine Debatte angestoßen, die zu einer Spaltung innerhalb der breiter aufgestellten Demokratie-Bewegung geführt hat.
Um die Debatte wieder im Keim zu ersticken, waren erst im August sechs Kandidaten mit separatistischen Ideen von den Behörden von der Wahl ausgeschlossen worden. Andere Bewerber mit ähnlichen Ansichten durften sich hingegen aufstellen lassen.
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