Wahl des Bundespräsidenten: Gauck darf auf Linkspartei hoffen
Die Berliner Senatorin Lompscher schließt eine Wahl des Kandidaten von SPD und Grünen nicht aus - wenn es zum dritten Wahlgang in der Bundesversammlung kommt.
BERLIN taz | Zwei Wochen vor der Bundespräsidentenwahl gibt es in der Berliner Linkspartei Anzeichen dafür, doch letzten Endes Joachim Gauck, den Kandidaten von SPD und Grüne, zu unterstützen. Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) schloss am Mittwoch nicht aus, ihn in einem dritten Wahlgang zu wählen. Gauck hatte sich zuvor im Abgeordnetenhaus vorgestellt. SPD und Grüne hatten dazu alle Fraktionen eingeladen. Während Linkspartei und FDP vertreten waren, nahm die CDU nicht teil.
Lompscher vertritt die Berliner Linkspartei am 30. Juni mit ihren Senatskollegen Harald Wolf und Carola Bluhm sowie Landeschef Klaus Lederer in der Bundesversammlung, die den Präsidenten wählt. Dort kandidiert für Linkspartei Luc Jochimsen. Bluhm sagte der taz, sie sei mit ihren "Überlegungen dazu noch nicht am Ende".
Auch Fraktionschef Udo Wolf schloss nicht aus, dass seine Partei Gauck bei aller Kritik doch noch unterstützt. "Wenn es zum dritten Wahlgang kommt, dann sollten die Wahlmänner und -frauen in einer Auszeit noch mal diskutieren", sagte er der taz. Grundsätzlich geht er aber wie Landeschef Lederer davon aus, dass der CDU-Mann Christian Wulff schon im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit erhalte - trotz aller FDP-Sympathie für Gauck. "Der Wille zum Machterhalt wird disziplinierende Wirkung haben", sagte Lederer.
Lederer zeigte sich von Gaucks Besuch im Abgeordnetenhaus wenig begeistert. "Grundsätzlich soll man in der Politik nichts ausschließen, aber er ist nach wie vor nicht unser Kandidat", sagte er. Dabei bezog er sich auf dessen Aussagen zu Bundeswehr und Sozialpolitik. Gauck nehme zudem die Entwicklung der Linkspartei in den letzten zehn Jahren nicht wahr. "Er sagt letztlich: Mit den Linken will ich nichts zu schaffen haben", so Lederer.
SPD und Grünen zeigten sich hingegen sehr angetan von Gaucks Auftritt. Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann wollte auch bei den beiden Berliner FDP-Vertretern in der Bundesversammlung, Mieke Senftleben und Christoph Meyer, "leuchtende Augen" gesehen haben. Senftleben ließ das schmunzeln. "Der saß doch viel zu weit weg, um da was zu sehen", sagte sie der taz. Natürlich könne sie sich für Gauck begeistern, und einige in der FDP würden ihn auch wählen. Sie aber will für Wulff stimmen. Entscheidend für sie sind Alter - 50 - und Integrationspolitik. Wulff hatte als erster Ministerpräsident eine Türkischstämmige ins Kabinett geholt.
Die FDP-Politikerin nannte es merkwürdig, dass kein CDU-Abgeordneter an dem Gauck-Termin teilnahm: "Gauck ist jemand, der etwas zu sagen hat. Deshalb sollte man sich das auch anhören." Laut CDU-Fraktion lag die Entscheidung bei jedem einzelnen Abgeordneten: "Es gab keinen Maulkorb." Bei den anderen Parteien überzeugte das nicht wirklich: Die Union hatte bereits gefehlt, als sich Gauck tags zuvor im Brandenburger Landtag vorgestellt hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag