Waffenruhe zwischen Israel und Libanon: Luftangriff auf Beirut
Israels Armee hat erstmals seit Beginn der Waffenruhe ein Gebäude in Libanons Hauptstadt angegriffen. Dabei gilt das Abkommen offiziell immer noch.

Der arabische Sprecher des israelischen Militärs hatte auf der Plattform X einen Angriff auf ein Haus in dem Viertel angekündigt. Nach mehreren Warnschüssen von Drohnen traf die israelische Luftwaffe das evakuierte Gebäude in Hadath. Dichter schwarzer Rauch stieg auf, die Explosion war in mehreren Stadtteilen zu hören.
Die Aufforderungen zur Evakuierung erinnern die Beiruter Bevölkerung an den Krieg zwischen September und November 2024. Damals hatte das israelische Militär fast täglich und teilweise mitten in der Nacht solche Warnungen online gepostet. Diese bewerten Menschenrechtsanwält*innenals ineffektiv und psychologische Kriegsführung.
Die israelische Armee behauptet jetzt, ein Drohnen-Lager der Hisbollah getroffen zu haben. Tote oder Verletzte wurden keine gemeldet. Dem Angriff vorausgegangen waren am Freitagmorgen zwei Raketen, die aus dem Libanon auf Israel abgeschossen worden waren. Eine davon sei laut libanesischen Angaben auf libanesischem Territorium, die zweite wurde von Israels Verteidigungssystem abgefangen.
Drei Raketen
Es war der zweite Raketenbeschuss aus dem Libanon seit dem Beginn der Waffenruhe. Am Wochenende waren drei Raketen auf Israel abgefeuert worden. Die Hisbollah bestreitet, für die Raketenangriffe verantwortlich zu sein. Normalerweise bekennt sich die Miliz zu ihren Angriffen.
Libanesische Analyst*innen vermuten deshalb, dass palästinensische Fraktionen im Libanon für den Raketenbeschuss verantwortlich sind. Alles deute daraufhin, dass die zwei Raketen nicht von der Hisbollah stammten, sagte Libanons Präsident Joseph Aoun. Er traf am Freitag den französischen Präsident Emmanuel Macron in Paris. Macron bezeichnete die israelischen Angriffe im Libanon als „Verletzung des Waffenstillstands“.
Der israelische Angriff auf Beirut hat eine große Symbolkraft: Es ist die erste Bombardierung in der libanesischen Hauptstadt seit fünf Monaten. Am 27. November war ein Abkommen über einen Waffenstillstand in Kraft getreten – vermittelt von den USA und Frankreich.
Trotz des Waffenstillstandes setzt Israel seine Drohnenangriffe auf Wohnhäuser und Autos fort. Zuletzt hatte Israel am Donnerstag auf diese Art in Bint Jbeil, dem Bezirk Nabatieh und dem Bezirk Tyre sechs Menschen getötet. Fünf davon konnten von libanesischen Journalisten als Hisbollah-Mitglieder identifiziert werden. Details zur ihrer genauen Position oder Funktion innerhalb der Organisation sind bisher nicht bekannt.
Noch fünf Posten besetzt
Durch israelische Granaten, Drohnen-Beschuss und Luftangriffe wurden seit Beginn des Waffenstillstands mindestens 116 Menschen getötet, berichtet die libanesische Zeitung L`Orient-Le Jour. Darunter seien viele Zivilist*innen.
Ende Januar hatte das israelische Militär auf Zivilist*innen geschossen, die in ihre damals besetzten Dörfer zurückkehrten. Die israelische Armee hält noch fünf Posten im Südlibanon militärisch besetzt und hat damit die Frist zum vollständigen Abzug seiner Truppen seit zwei Monaten überschritten.
Sie sagt, sie wolle die Hisbollah davon abhalten, weiter aufzurüsten. Diese Aufgabe wird jedoch in dem Waffenstillstands-Abkommen dem libanesischen Staat gemeinsam mit der UN-Beobachtermission im Libanon (Unifil) zugewiesen. Israel behauptet, der libanesische Staat sei nicht in der Lage, ein Ende der Präsenz der Hisbollah an der Grenze zu garantieren.
Die Hisbollah wiederum hat erklärt, sie betrachte die derzeitige Periode als Test für die Fähigkeit der Regierung, die Besatzung zu beenden. Inwieweit die Miliz der Hisbollah entwaffnet wird, ist unklar.
Gemeinsamer Grenzschutz
Anfang des Monats kam es zu gegenseitigem Beschuss an der Grenze zwischen Syrien und Libanon – wohl aufgrund von Waffen, die über die Grenze in den Libanon an die Hisbollah geliefert werden sollten. Am Freitag einigten sich die libanesische Regierung und die syrische Übergangsregierung auf einen gemeinsamen Grenzschutz.
Die neue libanesische Regierung bemüht sich darum, das staatliche Monopol auf Waffen durchzusetzen. Wie sehr ihr das gelingt, ist fraglich. Das libanesische Militär sagt, es habe bereits mehrere Posten der Hisbollah eingenommen. Kritiker*innen wenden ein, das Militär sei nicht in der Lage, genügend Personal in den Süden zu schicken.
Unifil soll dem libanesischen Staat unter die Arme greifen. Man versuche gemeinsam mit dem libanesischen Militär, Straßen freizumachen, Reparaturen durchzuführen und Sprengstoff zu beseitigen, erklärte der Leiter der UN- Mission Aroldo Lázaro in der vergangene Woche. Er versicherte, dass man daran arbeite, Eskalationen zu verhindern und „die staatliche Autorität im Südlibanon zu stärken“. Ob das bisher gelinge, sagte er nicht.
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