Waffenruhe auf den Philippinen: Konflikt nach 47 Jahren beendet
Eine „historische Erklärung“: In Oslo vereinbarten die philippinische Regierung und kommunistische Rebellen eine unbefristete Waffenruhe.
Bereits vor Beginn der neuen Verhandlungsrunde am vergangenen Montag hatten beide Seiten eine Feuerpause ausgerufen. Die Rebellen erklärten ursprünglich, dass sie ihre Waffen nur für knapp eine Woche während der Gespräche in Oslo niederlegen wollten.
Erste Sondierungsverhandlungen hatte es bereits Mitte Juni gegeben, kurz vor dem Amtsantritt des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte. Duterte sprach sich dafür aus, die Jahrzehnte währenden gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Rebellen endgültig zu beenden.
„Die gemeinsame Erklärung, die wir unterzeichnen, manifestiert die historische Bedeutung dessen, was wir erreicht haben“, erklärte José Maria Sison, Gründer der Kommunistischen Partei der Philippinen. Der Friedensberater des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte, Jesus Dureza, sprach von einem „historischen und beispiellosen Ereignis“. Unterhändlern zufolge sollen die Friedensgespräche in neun bis zwölf Monaten zu einem Abschluss kommen.
Das norwegische Außenministerium sprach von einer „historischen Erklärung“ und bezeichnete den vereinbarten Waffenstillstand als Durchbruch für die weiteren Friedensverhandlungen. Beide Parteien hätten „erhebliche Flexibilität und den Willen zu einer gemeinsamen Erklärung“ gezeigt.
Duterte immer noch in der Kritik
Der Aufstand des bewaffneten Arms der Kommunistischen Partei der Philippinen, der Neuen Volksarmee (NPA), ist einer der am längsten andauernden Konflikte in Asien. Die kommunistischen Rebellen kämpfen seit 1969 in einigen Provinzen des Archipels für einen kommunistischen Staat. Nachdem Diktator Ferdinand Marcos 1972 das Kriegsrecht verhängt hatte, erhielt die Guerillaorganisation großen Zulauf. Die NPA richtete über das ganze Land verteilt Dschungelcamps ein, von denen aus sie ihre Angriffe auf Armee, Polizei sowie große Landwirtschafts- und Bergbaubetriebe startete.
Immer wieder kam es zu Friedensverhandlungen, die aber jedes Mal scheiterten. 2001 zogen sich die Rebellen von den Gesprächen zurück, nachdem USA und EU sie auf ihre Terrorlisten gesetzt hatten. 2011 wurden die Verhandlungen unter norwegischer Vermittlung wieder aufgenommen, kamen aber nicht vom Fleck, weil Präsident Benigno Aquino III. keine inhaftierten Kämpfer freilassen wollte. Sein Nachfolger Duterte entließ am Freitag vergangener Woche die führenden Rebellen Wilma Austria Tiamzon und Benito Tiamzon, die dann zu den Gesprächen nach Oslo reisten.
Duterte selbst steht jedoch wegen seines radikalen Vorgehens im „Krieg gegen die Drogen“ in der Kritik. Der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ zufolge wurden seit seinem Amtsantritt Ende Juni fast 500 mutmaßliche Drogenkriminelle durch Polizeieinheiten oder bewaffnete Gruppen getötet. Duterte hatte mehrfach zur Ermordung von Drogendealern und zuletzt sogar von Rauschgiftsüchtigen aufgerufen. Damit will er das mehrheitlich katholische Land mit seinen über 100 Millionen Bewohnern innerhalb von sechs Monaten von Rauschgift und Korruption befreien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland