Wada-Chef über Anti-Doping-Kampf: "Ein guter Weg"
Wada-Generalsekretär David Howman über Radsport, Sanktionen für dopingaffine Teams und den indirekten Nachweis von verbotenen Methoden wie Blutdoping.
taz: Herr Howman, warum hat die Wada über ein Jahr gezögert, die Informationen von Patrick Sinkewitz über Dopingpraktiken der Mannschaftsärzte von Team Quick Step an die UCI weiterzugeben?
David Howman: Wir haben zunächst versucht, die Aussagen von Sinkewitz zu überprüfen. Wir wollten weitere Anhaltspunkte finden. Wir haben uns dafür entschieden, weil die UCI im Falle der Äußerungen von Jörg Jaksche nicht aktiv geworden ist. Wir waren damals sehr enttäuscht von der UCI und wollten nicht, das sich dieses Szenario jetzt mit Sinkewitz wiederholt.
Der Neuseeländer ist seit 2003 Generalsekretär der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada). Der Sportjurist gilt als graue Eminenz im Kampf gegen Doping. Mit der verzögerten Weitergabe der Aussagen von Patrick Sinkewitz über Praktiken beim Team Quick Step ist er in Erklärungsnot geraten.
Verfolgt die Wada den Quick-Step-Fall weiter?
Wie Sie wissen, ist es gegenwärtig in den meisten Ländern sehr schwer, Sportärzte wegen Doping zur Verantwortung zu ziehen. Wir sind auf die Zusammenarbeit mit den Verbänden und den Regierungen angewiesen. Wir versuchen, diesen Prozess weiter voranzutreiben.
Was erwarten Sie sich vom Antidoping-Programm der Tour de France?
Wir glauben, dass AFLD [franz. Anti-Doping-Agentur, d. Red.] und UCI gut kooperieren. Wir hoffen auf eine effektive und professionelle Arbeit. Die Wada wird diese Tätigkeit kontrollieren. Wenn etwas nicht korrekt abläuft, werden wir eingreifen.
Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein wurde wegen auffälliger Blutwerte gerade für zwei Jahre gesperrt. In welchem Maße werden Blutmonitoring-Programme und Nachanalysen alter Dopingproben, wie sie im Radsport gerade erfolgreich praktiziert werden, auch in anderen Sportarten angewandt?
Zum Fall Pechstein kann ich nichts sagen. Wir werden die Unterlagen erst bekommen, wenn Einspruch erhoben wurde und eine Verhandlung angesetzt ist. Generell gibt es einige interessierte Verbände - im Skisport, in der Leichtathletik und auch im Fußball. Wir halten dies für einen guten Weg.
Der neue Wada-Kode sieht vor, dass bei mehreren Dopingfällen in einer Mannschaft das ganze Team sanktioniert werden kann. Was bedeutet das für die aktuelle Tour de France?
Man muss zunächst die Definition von Mannschaft beachten. Als Mannschaft im Sinne des Wada-Kodes zählt nur eine Gruppe, in der einzelne Sportler ausgewechselt werden können. Die Übertragung auf Radsportteams wird daher schwierig. Generell sieht der Kode vor, dass bei zwei Dopingfällen pro Team Sanktionen gegen die gesamte Gruppe verhängt werden können. Das IOC kann aber zum Beispiel bereits bei einem Dopingfall eine Strafe gegen die betreffende Mannschaft aussprechen.
Wer wäre die entscheidende Instanz für mögliche Teamsanktionen bei der Tour de France?
Meines Wissens wäre dies der Veranstalter des Wettbewerbs, also die ASO.
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