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WM-Euphorie in FrankreichLiebe zu zwei Teams

Nach dem Halbfinalsieg des französischen Teams gegen Marokko werden in Frankreich die Feiern vom Tod eines Fans in Montpellier überschattet.

Paris nach dem Sieg der französischen Nationalmannschaft über die Marokkos Foto: Thibault Camus/ap

Zehntausende von Menschen strömten gleich nach Spielende auf die Straßen von Paris. „Wir sind im Finale, wir sind im Finale, wir sind, wir sind, wir sind im Finale“, skandierten sie. Wie schon 1998 und 2018 stimmten sie ihre Siegshymne an, schwenkten ihre Trikolorefahnen, stießen mit Gläsern und Flaschen auf den erneuten Finaleinzug an.

Allein auf der Pariser Avenue des Champs Élysées feierten neben dem Triumphbogen rund 25.000 Menschen, unter ihnen auch Touristen und viele Marokko-Fans mit Fahnen mit dem grünen Stern auf rotem Grund und auch einigen Palästina-Fahnen. Vor allem französisch-marokkanische Dop­pel­bür­ge­r*in­nen sind erstaunlich gelassen, weil ihr Herz für beide Mannschaften schlägt. Vor den Mikros der Fernsehsender sagen sie auch, die „heldenhaft“ spielenden „Löwen des Atlas“ hätten es verdient, wenigstens ein Tor zu schießen, wenn nicht sogar zu gewinnen. Trotzdem wünschen sie dem Team von Didier Deschamps für das Spiel gegen Argentinien nur das Beste.

Regelmäßig kommt es in dieser heterogenen Masse zu Ansammlungen, wo die Menge, angezogen vom Rhythmus von Tanzmusik oder speziell lautstarken Gruppen, herumtobt. Alle haben ihr Smartphone gezückt, um den „historischen“ Anlass und ihre persönliche Anwesenheit via Netzwerke der ganzen Welt kundzutun. Wenn dann außer bengalischem Feuer auch noch Feuerwerkkörper gezündet werden, intervenieren die zahlreich bereitgestellten Ordnungskräfte mit Tränengas. Die Schaufenster der Shopping-Avenue wurde ohnehin vorsichtshalber verbarrikadiert. Vor manchen stehen sogar Polizeifahrzeuge.

Dramatisch endete vorzeitig dieser Siegestaumel in Montpellier, wo ein Pkw-Lenker mit einer Fahne aus dem offenen Fenster zwei Jugendliche überfahren hat. Einer der beiden, ein 14-jähriger Junge, erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Der verantwortliche Fahrer ist geflüchtet, sein Fahrzeug wurde wenig später gefunden. Die Behörden haben eine Fahndung und eine Strafuntersuchung eingeleitet. Dieser tragische Zwischenfall trübt in ganz Frankreich die Freude über die glückliche Qualifikation.

Rechtsradikale Angriffe in Lyon

In Lyon haben Rechtsradikale laut Angaben der Lokalzeitung Lyon-Mag im Zentrum Menschen nordafrikanischer Herkunft provoziert und angegriffen und dabei in Anspielung auf die Farben der Nationalflagge „Bleu, blanc, rouge – La France aux Français!“ gerufen. Mehrere dieser „ultrarechten“ Randalierer wurden festgenommen. Mit dem nationalistischen Slogan wollten sie sich von der antirassistischen Devise von 1998 absetzen, als die (schon damals) aus Spielern verschiedenster Hautfarben und Herkunft zusammengesetzt Mannschaft „Black, Blanc, Beur“ genannt und der aus einer algerischen Familie, aber in Marseille geborene Zinédine Zidane als Vorzeigebeispiel der multikulturellen Koexistenz oder Integration gefeiert wurde.

Auch anderswo herrschte nicht nur Eintracht beim Feiern. Trotz eines enormen Polizeiaufgebots kam es zu etlichen Auseinandersetzungen. Insgesamt sind 250 Personen festgenommen worden.

Staatspräsident Emmanuel Macron war zum Halbfinale nach Doha gereist, mehrfach zeigte die Kamera, wie er an der Seite des Fifa-Präsidenten Gianni Infantino das Spiel verfolgte. Danach kommentierte er vor Journalisten den Sieg in der Umkleideräumen. Auf die Frage, ob es ihn nicht störe, dass dieser Golfstaat die LGBT+-Symbole aus den Stadien und Straßen verbannt hat, sagte er: „Man muss anerkennen, dass Katar diese WM sehr gut organisiert hat. (…) Aber es stimmt, es gibt (hier) noch vieles zu regeln, es gibt viele Länder, wo noch vieles zu regeln ist. Aber ehrlich, seien wir jetzt erst mal glücklich.“

Auch der marokkanische König Mohammed VI. hat ihm seine Glückwünsche übermittelt. Er gratuliere den Franzosen, noch mehr gratuliere er der marokkanischen Elf zu ihrem Auftritt bei der WM. Sie habe ihrem Land Ehre gemacht.

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