WM-Aus für Kamerun: Da waren's nur noch fünf
Als erstes Team ist ausgerechnet Kamerun ausgeschieden. Die Gründe für die größte afrikanische Hoffnung sind deutlich: das Machtgefüge im Team und ein unzulänglicher Fußball.
Vuvuzelas können auch traurig klingen. Wie verzweifelte Rufe verirrter Tiere hörten sich die Tröten unter dem Nachthimmel von Pretoria an, nachdem mit Kamerun die erste Mannschaft aus der WM ausgeschieden war. Ausgerechnet Kamerun.
Die Mannschaft des französischen Trainers Paul Le Guen galt als eine der größten afrikanischen Hoffnungen, Samuel Etoo sollte nach der Verletzungsserie der anderen kontinentalen Fußballhelden zum großen Star des Turniers aufsteigen, nun sank er in sich zusammen. Kamerun hatte mit 2:1 gegen Dänemark verloren und zeigte der Welt wieder einmal, woran Afrikas Fußball krankt: Agenten und Politiker, die sich in die Belange der Nationalmannschaft einmischen; internationale Stars, die Kompetenzen beanspruchen, die eigentlich Sache der Trainer sind.
Le Guen hatte versucht, diese Faktoren auszuschalten - und scheiterte damit bereits nach dem ersten Vorrundenspiel, einem erschreckend schwachen Auftritt gegen Japan (0:1). Danach rebellierten die etablierten Spieler. Im Mittelpunkt ihres Ärgers: Zwei in Deutschland aufgewachsene Youngster, nämlich der 21-jährige Eric Choupo-Moting vom 1. FC Nürnberg und der 18-jährige Marvin Matip von Schalke 04.
Beide hatte Le Guen gegen Japan von Anfang an gebracht, und sie gehörten noch zu den Besseren in diesem Spiel. Doch durch diese Maßnahme geriet die Hierarchie der Mannschaft durcheinander. "Es ist äußerst unglücklich, dass so viele neue, junge Spieler zuungunsten der erfahrenen Spieler spielen. Die Jungen sind dem Druck nicht gewachsen", sagte Mittelfeldspieler Achille Emana.
Der Mannschaftsrat um Etoo wurde bei Le Guen vorstellig, und der Trainer gab nach. Choupo-Moting räumte am Samstagabend ein, es habe ein "Aussprache gegeben", wo "verschiedene Missverständnisse teilweise ausgeräumt" worden seien.
Die Konsequenz war, dass die beiden Bundesligaspieler gegen Dänemark 90 Minuten auf der Bank saßen, während die etablierten Kräfte Geremi Njitap, Emana und Alexsandre Song spielen durften. Immerhin war Kamerun mit diesen Veränderungen besser als im ersten Spiel, doch eine Mannschaft, die würdig ist, das Erbe der großen kamerunischen Generation der neunziger Jahre anzutreten, blieb ein Traum.
Von einem Reporter darauf angesprochen, ob er denn nun Angst habe, nach Kamerun zurückzukehren, antwortete Le Guen: "Ich habe vor nichts Angst." Wahrscheinlich weiß er ohnehin längst, dass er spätestens in den Stunden nach dem Abpfiff der letzten Partie gegen Holland am Donnerstag gefeuert werden wird.
Allerdings war es nicht allein das schlecht gemanagte Machtgefüge, das Kamerun zum Verhängnis wurde. Es fehlte auch an fußballerischer Qualität. Alle drei WM-Gegentore fielen über die linke Abwehrseite, auf der der völlig überforderte Benoit Assou-Ekotto herumstümperte.
Außerdem ist das Spiel der Mannschaft darauf angelegt, den Ball immer irgendwie zu Etoo zu bringen, damit der Star den durchschlagenden Moment erzeugt. Das ist leicht auszurechnen und ein Gegenentwurf zum modernen Fußball der Spanier und der Deutschen, wo großer Wert drauf gelegt wird, auch im Spiel selbst die Hierarchien flach zu halten.
Mit Etoo ist nun das Gesicht diese Turniers ausgeschieden, "meine ganze Saison war auf diese WM fokussiert, das war das Einzige, woran ich denken konnte", sagte der 29-Jährige. "Aber Gott ist der Einzige, der in solchen Momenten entscheidet, er wollte, dass wir auf diese Weise ausscheiden." Das klingt nicht, als habe Kamerun aus diesem Turnier gelernt, eigentlich ist alles wie immer in Westafrika. Diese Weltmeisterschaft, von der man sich überall auf dem Kontinent so viele positive Impulse versprochen hatte, hat zumindest im kamerunischen Fußball nichts bewirkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!