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WG-Zimmerpreise auf Rekordhoch

Eine neue Analyse eines Forschungsinstituts zeigt: Die BaföG-Wohnkostenpauschale deckt an immer mehr Orten längst nicht mehr die realen Wohnkosten ab.

Die Preisentwicklung der Mieten ist für viele Studierende ein großes Problem Foto: Hardt/Panama Pictures/imago

Berlin taz | Seit Jahren steigen vielerorts die Mietpreise. Gerade für Studierende, die in eine neue Stadt ziehen müssen, wird es immer schwieriger. Das bestätigt auch die jährliche Analyse des unter anderem auf Immobilienforschung spezialisierten Moses Mendelssohn Instituts. In diesem Wintersemester gaben Studierende im Erstsemester im Durchschnitt 505 Euro für Wohnkosten aus, das sind 16 Euro mehr als im Jahr davor. Die teuerste Stadt für Studierende war München (800 Euro), die günstigste Chemnitz (288 Euro).

Für alle, die auf Bafög angewiesen sind, ist diese Preisentwicklung ein großes Problem. Denn die aktuelle Wohnkostenpauschale beträgt 380 Euro im Monat. Schwarz-Rot hat sich zwar im Koalitionsvertrag vorgenommen, diese auf 440 Euro zu erhöhen. Doch umgesetzt ist das noch nicht. Geplant ist auch eine „WG-Garantie“ für Auszubildende und Studierende über Investitionen in „Junges Wohnen“ zu erreichen. Doch von einer solchen Garantie ist Deutschland weit entfernt.

Für die Analyse wurden in 88 deutschen Hochschulstandorten Inserate auf dem Portal WG-Gesucht ausgewertet. In 70 von 88 Städten war es demnach zu Semesterbeginn kaum möglich, mit der BaföG-Wohnkosten­pau­schale ein WG-Zimmer zu bezahlen.

Regional gibt es aber große Unterschiede. Die zehn größten Hochschulstädte blieben nahezu unverändert auf hohen Niveau. Dagegen überschritten viele mittelgroßen Städte die 500-Euro-Marke. Schaut man sich Durchschnittswerte der Bundesländer an, war das Wohnen für Studierende in Berlin (650 Euro) am teuersten, gefolgt von Hamburg (620) und Bayern (603). Die Werte in Sachsen-Anhalt (350 Euro), Thüringen (362) und Sachsen (377) lagen dagegen deutlich darunter. Laut Analyse schwächt sich das bestehende Ost-West-Gefälle langsam ab.

Innerhalb des Flächenlands Nordrhein-Westfalen (474 Euro im Schnitt) variieren die Preise stark je nach Hochschulstandort. In Metropolen wie Köln (600 Euro) oder Düsseldorf (600) waren die Kosten hoch, in Bielefeld (360) oder Osnabrück (395) hingegen viel niedriger.

Es sei problematisch, „wenn der Geldbeutel der Eltern darüber entscheidet, ob ein Studium am gewünschten Ort möglich ist“, kritisierte Stefan Brauckmann, der Geschäftsführende Direktor des Moses Mendelssohn Instituts und forderte, „das BAföG konsequent an die Realität anzupassen.“

Matthias Anbuhl, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerks, erklärte, dem Land drohe „eine neue soziale Auslese, über die Miete.“ Neben einer BAföG-Reform brauche es „einen kräftigen Schub durch die Länder beim Bund-Länder-Programm ‚Junges Wohnen‘“. Das Förderprogramm, mit dem Studierenden- und Azubiwohnheime gebaut werden können, wurde 2023 unter der Ampelregierung eingeführt und von Schwarz-Rot fortgeführt. Für 2025 sind vom Bund dafür im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus 500 Millionen Euro eingeplant.

Nicole Gohlke, die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, warf der Bundesregierung vor, die BaföG-Reform bewusst zu verzögern. Dadurch spare die Koalition hunderte Millionen Euro „auf dem Rücken der Studierenden“ ein. Es brauche „endlich eine regional gestaffelte Wohnpauschale.“

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2 Kommentare

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  • Ich musste deswegen und wegen der Krankenkassenbeiträge beim Studierendenausschuss ein Notdarlehen beantragen und Elektronik verkaufen. Naja.

  • Dass das Bafög hinten und vorne nicht reicht, ist nun wahrlich nichts Neues. In immer kürzeren Abständen steigende Mensapreise und Semesterbeiträge sowie die allgemeinen Inflation lassen die aktuellen Sätze als schlechten Witz erscheinen. Hinzu kommen teils überlange Bearbeitungszeiten, in denen erstmal kein Geld fließt.



    Ein bedingungsloses Grundeinkommen in ausreichender Höhe für alle Studierenden könnte hier Abhilfe schaffen.