WDR kooperiert mit WAZ: Schöne Elefantenhochzeit
Kleine Agenturen fürchten, verdrängt zu werden, wenn Großverlage und Öffentlich-Rechtliche wie geplant online zusammenarbeiten. Droht Qualitätsverlust?
Es war eine der großen Mediendebatten 2007, und nun sind erste Folgen absehbar: Verlage und öffentlich-rechtliche Sender wollen im Internet kooperieren. Der WDR etwa will, wie berichtet, mit der WAZ zusammenarbeiten und dem zweitgrößten deutschen Abozeitungsverlag Inhalte, etwa Videobeiträge, für dessen Webseite zur Verfügung stellen.
Prompt aber gibt es Kritik: Die Marktführer würden hier ihre Claims abstecken. "Wer von den Verlagen in NRW den WDR mit im Boot hat, hat die Nase vorn", sagt Ludwig Ring-Eifel, Chefredakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur KNA: "Da wird es schöne Elefantenhochzeiten geben." Beim WDR heißt es daher, man sei natürlich offen für andere Verlage. Das tut aber auch not: Den Öffentlich-Rechtlichen bleibt rechtlich keine andere Möglichkeit. Exklusive Kooperationen mit einzelnen Verlagen seien nicht möglich, heißt es inoffiziell. Und klar ist: Die Verlage werden öffentlich-rechtliches Material nur im Rahmen einer offiziellen Lizenzierung gegen Bezahlung erwerben können - "kostenlose Überlassung oder der Austausch von Material" sei rechtlich nicht möglich, heißt es in der ARD. Auch müsse klar gekennzeichnet sein, dass die Videobeiträge, die - sollte die WDR-WAZ-Zusammenarbeit im März wie geplant beschlossen werden - künftig etwa auf dem WAZ-Portal derwesten.de laufen könnten, den Absender WDR trügen.
Die Öffentlich-Rechtlichen versprechen sich von dem Schritt nicht nur, dass das Geheul verstummt, das die Verleger letztes Jahr anstimmten - sie hatten moniert, dass die Online-Aktivitäten von ARD und ZDF wettbewerbsverzerrend seien. Sondern sie betreiben so auch Markenpflege: Audio- und Videobeiträge sind längst Bestandteil der Webseiten der meisten Zeitungen. Und es sei für einen Sender wie den WDR besser, wenn man bei ihm kaufe, als wenn sich die Verlage ihre Clips - wie teilweise der Kölner Stadtanzeiger - von einer niederländischen Agentur liefern ließen.
Auf das Geschäft mit Audio- und Videomaterial setzen aber auch die Nachrichtenagenturen, vom deutschen Marktführer dpa bis zur kleinen KNA aus Bonn. Gerade die kleineren Agenturen befürchten nun, aus dem Markt gedrängt zu werden: "Wir sind diejenigen, die bisher als Nachrichtengroßhändler die Verlage mit Informationen beliefern", sagt Ring-Eifel. "Hier hat sich aber bislang nie ein mit öffentlichen Geldern wie der Rundfunkgebühr geförderter Mitbewerber getummelt." Wenn ARD und ZDF in diesen Markt einstiegen - und laut Presseberichten verhandeln auch BR und Focus sowie ZDF und SZ -, "kriegen zumindest wir kleinere Agenturen kein Bein auf die Erde", fürchtet er. "Für rein deutsche Agenturen ist das langfristig existenzbedrohend."
Sie würden beim Elefantenrennen Sender gegen Verleger vergessen - dabei habe die Qualität des Journalismus "auch mit dem großen Angebot an Nachrichten- und Fachagenturen zu tun", sagt Ring-Eifel. Die stecken nun bei der Durchsetzung ihrer Interessen gegen Verlage wie Anstalten in einem Dilemma: Denn Zeitungen und Sender sind für die Agenturen nun einmal auch die besten Kunden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!