WAS MACHT EIGENTLICH ...: ... die Degewo?
Sich FAIR-tun
„Fairness: wohnt bei degewo“. Mit diesem Slogan wirbt Berlins größte landeseigene Wohnungsgesellschaft aktuell für sich selbst. Bereits im dritten Jahr stehe damit der Fairness-Begriff im Zentrum der Degewo-Imagekampagnen, so heißt es auf der Webseite dazu. Denn: In dem Wort fokussierten „die Grundsätze und Werte, die uns in unserer Arbeit leiten“, so das Unternehmen: „Sie haben einen großen Anteil daran, dass wir Berlins führendes Wohnungsunternehmen geworden sind.“ Kurz: Die Degewo, mit 75.000 Wohnungen Berlins größte Vermieterin, lebe Fairness.
Es könnte aber sein, dass die Botschaft trotz der aufwendigen Werbekampagne, mit Plakaten vielerorts in der Stadt, nicht bei allen BerlinerInnen gleich gut ankommt. Etwa bei den neu Zuziehenden.
Ganze 200 von ihren 75.000 Wohnungen hat die Degewo nach eigener Auskunft in den vergangenen dreieinhalb Jahren an Flüchtlinge vermietet – an Flüchtlinge, die sich noch im Asylverfahren befinden, über deren Anerkennung oder Ablehnung also noch nicht entschieden ist.
Anerkannte Flüchtlinge, die über eine zunächst dreijährige Aufenthaltserlaubnis verfügen und deren Mieten die Jobcenter in der üblichen personenzahlabhängigen Höhe bezahlen, sind da noch nicht dabei. Sie berichten über unerfreuliche Erfahrungen mit dem Landesunternehmen. Er habe bei Anrufen in Vermietungsbüros der Degewo in verschiedenen Bezirken immer die gleiche Auskunft erhalten, erzählt ein syrischer Familienvater: „Weil ich zwei Kinder habe, könne man mir keine 3-Zimmer-Wohnung vermieten. Egal wie viele Quadratmeter: das sei zu klein. Ich müsse eine 4-Zimmer-Wohnung mieten. Die gebe es aber bei der Degewo nicht zum Jobcenter-Preis.“ Seine Kinder sind 1 und 3 Jahre alt. Weitere Versuche in Anwesenheit der Autorin bestätigen die Praxis, das sei „eine interne Regel“, erklärt eine Degewo-Mitarbeiterin. Die Pressestelle bestreitet das: Eine solche Regel gebe es nicht. Es sei statt dessen „durchaus üblich, dass auch Drei-Zimmer-Wohnungen an eine Familie mit vier Personen vergeben“ würden. Die Degewo fair-tut sich da wohl irgendwie – oder tut vielleicht nur fair?
Im Rahmen ihrer Fairness-Kampagne fordert die Degewo die BerlinerInnen auch dazu auf, sie auf „faire Erlebnisse“ mit Projekten, Institutionen oder Vereinen hinzuweisen: etwa solche, „wo sich Menschen ehrenamtlich engagieren, wo unbürokratisch und schnell angepackt wird, wenn mal Hilfe nötig ist“. Die so Gelobten können dann eine „Fairness-Prämie“ von 1.000 Euro gewinnen.
Tja, die Ehrenamtlichen leisten derzeit viel für die Flüchtlinge, schnell und unbürokratisch. Wie schön wäre es, wenn sich dies auch auf anderen Ebenen fortsetzen würde. Das wäre gelebte Fairness. Ihren eigenen Preis würde die Degewo wohl nicht gewinnen. Alke Wierth Foto: degewo
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