Voyeuristisches Beachvolleyball-Turnier: Großes Event und knappe Bikinis
Hamburg richtet das Finale der Beachvolleyball-Welttour aus. Zur Vermarktung gehört es, die Körper der Spielerinnen in Szene zu setzen
Hamburg richtet im August ein internationales Top-Event im Beachvolleyball aus. Im Finale der Welttour treten die weltbesten Spitzensportler gegeneinander an. Der Senatsbehörde für Sport und Inneres und dem HSV spielen die Ausrichtung des Turniers in die Karten. Denn beide wollen Hamburg als deutsche Beachvolleyball-Hochburg etablieren. Vor lauter Vorfreude wird aber gerne vergessen: Der Sport vermarktet sich immer noch über Spielerinnen in knappen Bikinis. „Sex Sells“, sagt Sandra Günter, Sportwissenschaftlerin der Universität Hannover.
Hamburgs Sportwelt schwebt mit Blick auf Beachvolleyball seit einigen Monaten auf Wolke Sieben. Erst im Dezember wurde die Stadt zum Bundesstützpunkt ernannt, und jetzt folgt das Finale der Beachvolleyball-Welttour. Der Senat hofft, dass das Event den Sport auch bei den Hamburgern noch populärer macht.
Die Zuschauer sehen im August den zwölf besten männlichen und weiblichen Beachvolleyball-Duos beim Baggern, Pritschen und Blocken zu. Doch nicht nur das: Zum Sport gehört auch die mediale Inszenierung, und die setzt auf die Körper der weiblichen Spielerinnen.
Ab dem Jahr 2000 war der Körperkult um die weiblichen Beachvolleyballerinnen durch den Bikini-Zwang vom Weltverband vorgeschrieben. 2012 wurde die Kleiderordnung wieder aufgehoben. Dem Weltverband war vorgeworfen worden, dass Spielerinnen aus bestimmten Kulturen durch den Dress-Code vom Sport ausgeschlossen würden. 2016 trat das ägyptische Duo als erstes Team in der olympischen Geschichte mit Kopftuch und langer Kleidung beim Wettkampf an. Die meisten Beachvolleyballerinnen spielen allerdings weiterhin in Bikinis – trotz freier Kleiderwahl.
„Die mediale Darstellung der Körper von Beachvolleyballerinnen ist besonders stark“, sagt Sandra Günter, Professorin für Sportwissenschaften und Gender Studies an der Leibniz Universität Hannover. Den weiblichen Körper in Szene zu setzen sei eine Strategie, um die Sportart populärer zu machen – für das Publikum wie für Sponsoren. Die Vermarktung spiele im Beachvolleyball, genau wie in anderen Sportarten, eine sehr große Rolle.
Dabei könne die knappe Sportkleidung regelrecht hinderlich für eine wirkliche Anerkennung von Weiblichkeit im Sport sein. „Das Emanzipationspotential, das eigentlich im Sport steckt, kann dadurch nicht immer ergriffen werden“, sagt Günter. Dabei könnte Sport helfen, dass Frauen sich auch mehr Räume erkämpfen.
„Ich denke, dass weder Sportarten wie Leichtathletik oder Schwimmen noch Beachvolleyball wegen der knappen Kleidung geschaut werden“, sagt hingegen Andreas Scheuerpflug, Manager der Olympiasiegerinnen und HSV-Spielerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst. „Das sieht man auch daran, dass wir nach dem Olympiasieg nur Feedback zu unserer Leistung und nicht zu unseren Bikinis erhalten haben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren