Vorwürfe gegen deutsche Autoindustrie: Regierung schützt Daimler
Eine Klage läuft gegen den Konzern in den USA wegen Verstößen gegen die Menschenrechte in Südafrika. Und das zu Zeiten des dortigen Apartheid-Regimes.
BERLIN taz | Die Bundesregierung versucht, den Daimler-Konzern vor einer Klage in den USA zu schützen.
Eine entsprechende Stellungnahme, die der taz vorliegt, hat die Regierung unlängst an das oberste Gericht der USA geschickt. In dem Verfahren geht es um Menschenrechtsverstöße, die südafrikanische Bürgerrechtler dem deutschen Konzern vorwerfen.
Zu Zeiten des Apartheid-Regimes in Südafrika soll Daimler speziell ausgerüstete Unimog-Lkw an den dortigen Sicherheitsapparat geliefert haben. Die Fahrzeuge seien eingesetzt worden, um den Widerstand der Schwarzen zu brechen, argumentieren die Bürgerrechtler. Damit sei der deutsche Konzern mitverantwortlich für die Menschenrechtsverstöße der früheren Apartheid-Regierung.
Die Klage gegen Daimler wurde 2002 eingereicht auf der Basis eines speziellen US-Gestzes, des Alien Tort Claims Act. Diese Regelung ermöglicht es, Verstöße gegen das Völkergewohnheitsrecht, also auch gegen die Menschenrechte, in den USA vor Gericht zu bringen – auch wenn Täter und Opfer keine amerikanischen Staatsbürger sind.
US-Gesetz müsse enger angelegt werden
Das Gesetz ist mehr als 200 Jahre alt. Seit den 1980er Jahren versuchen Menschenrechtsaktivisten mit seiner Hilfe, transnationale Konzerne zu belangen. Der bekannteste Fall, in dem dies gelang, betrifft Shell in Nigeria. Der Erdölkonzern zahlte 15,5 Millionen US-Dollar Entschädigung an die Hinterbliebenen unter anderem des nigerianischen Oppositionspolitikers Ken Saro-Wiwa, den die dortige Regierung hatte hinrichten lassen.
In ihrer Stellungnahme argumentiert die Bundesregierung nun, das US-Gesetz müsse enger ausgelegt werden. US-Gerichte seien nicht zuständig, zuerst sei die deutsche Justiz gefragt. In dieser Position erhält Berlin Unterstützung von der niederländischen und britischen Regierung. Die Obama-Administration und die südafrikanische Regierung sind dagegen der Ansicht, dass die US-Justiz entscheiden dürfe.
Miriam Saage-Maaß vom Europäischen Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte in Berlin kritisiert die „ablehnende Haltung der Bundesregierung“. Die Forderung der Bundesregierung, die Sache vor deutschen Gerichten zu verhandeln, gehe in die Irre, so Saage-Maaß. „Solche Entschädigungsklagen sind nach deutschem Recht nahezu unmöglich.“
Shell: Menschenrechtsverletzung in Nigeria
In der aktuellen juristischen Auseinandersetzung geht es nicht unmittelbar um den Daimler-Fall. Dieses Verfahren ist einstweilen ausgesetzt. Konkret gestritten wird jetzt in den USA noch einmal über die Verantwortung des Ölkonzerns Shell für Verstöße gegen Menschenrechte in Nigeria. Der Ausgang dieses Falls entscheidet auch, ob das Daimler-Verfahren wieder aufgenommen und möglicherweise im Sinne der Menschenrechtsaktivisten entschieden wird.
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