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Vorwürfe gegen IsraelSprengköpfe für den Apartheidstaat

Geheime südafrikanische Regierungsdokumente sollen beweisen, dass Israel dem Apartheidstaat atomare Sprengköpfe verkaufen wollte. Unter Verdacht steht Präsident Shimon Peres.

Sie weigern sich, Israels Atomwaffen einer internationalen Kontrolle zu unterstellen: Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident (links) und Schimon Peres, Staatspräsident. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Debatte über die "unheilige Allianz" zwischen Israel und dem Apartheidstaat Südafrika in den 70er- und 80er-Jahren ist um einen aktuell bedeutenden Aspekt bereichert worden. Laut einem Bericht des britischen Guardian liefern bisher geheime südafrikanische Regierungsdokumente erstmals den schriftlichen Beweis, dass Israel über Nuklearwaffen verfügt und dass es diese an Südafrika verkaufen wollte.

Veröffentlicht sind diese Dokumente in einem Buch des Historikers Sasha Polakow-Suransky mit dem Titel "Die unausgesprochene Allianz: Israels geheime Beziehung zum Apartheidstaat Südafrika".

In der letzten Verhandlungswoche über einen neuen Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen könnten solche Vorwürfe Israels Glaubwürdigkeit als "verantwortungsvolle Atommacht" schwer erschüttern. Und die Frage aufwerfen, wieso Israel vom Iran volle Transparenz bei dessen Atomprogramm verlangt, während Israel selbst sich seit Jahren weigert, seine Atomwaffen einer internationalen Kontrolle zu unterstellen.

Die "streng geheimen" Dokumente, deren Freigabe Israel vergeblich zu verhindern versuchte, enthalten Gesprächsprotokolle über ein Treffen der damaligen Verteidigungsministern von Israel und Südafrika, Pieter Willem Botha und Schimon Peres. Demnach bot Peres, heute Israels Staatspräsident, Botha die Sprengköpfe "in drei Größen" an. Darunter sei zu verstehen, dass es sich um konventionelle, chemische und nukleare Waffen handele, schreibt der Guardian.

Genau diese Interpretation wies das israelische Präsidentenamt am Sonntag zurück. "Unglücklicherweise beruht der Artikel des Guardian auf einer selektiven Interpretation der südafrikanischen Dokumente und nicht auf konkreten Tatsachen", heißt es in der Peres-Erklärung. Zutreffend ist, dass die vorgelegten Dokumente keine israelische Unterschrift tragen, die den Transfer von Nukleartechnologie an Südafrika unmittelbar und eindeutig belegt.

Israels erklärte Zweideutigkeit in Bezug auf den Besitz seines eigenen Atomaffenarsenals finde sich eben auch in den Abkommen mit Südafrika wider, glauben Guardian und Buchautor Polakow-Suransky. Ihre Erklärung besagt, dass Südafrika nur deshalb die weitreichenden Jericho-Raketen habe kaufen wollen, weil sie mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden konnten.

Als Beleg führen sie ein "streng geheimes" Memorandum an, das der südafrikanische Generalstabschef RF Armstrong unmittelbar nach den Gesprächen zwischen Botha und Peres am 31. März 1975 verfasste. Darin schreibt Armstrong, dass man die Jericho-Raketen unter der Annahme erwerben wollte, "dass die Raketen mit Nuklearsprengköpfen bestückt werden, die in Südafrika hergestellt oder anderswo erworben wurden".

Nach Angaben des israelischen Militärexperten Jossi Melmann gibt es keinen Beweis dafür, dass Israel Südafrika diese nuklearen Sprengköpfe angeboten habe. Die drei "Größen", von denen Peres gesprochen habe, könnten sich auch auf die Reichweite der Jericho-Raketen beziehen, die von 500 über 4.000 bis zu 6.000 Kilometern betrugen.

Zustande gekommen ist der Nukleardeal ohnehin nie, weil Südafrika die Kosten nicht tragen wollte.

Gleichwohl steht außer Frage, dass Südafrika Israel Uran geliefert und Israel dafür Südafrika Raketentechnologie und Militärberater angeboten hat, die zum Beispiel in Angola zum Einsatz kamen. Die sechs Atombomben, die Südafrika schließlich baute, wurden später vernichtet.

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11 Kommentare

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  • DG
    Dirk Gober

    Seit wann haben die taz und ihre Leser denn etwas gegen den ehemaligen Apartheidsstaat Südafrika? Schließlich zählt der Blutrichter eben dieses Apartheidsstaats, ein gewisser Herr Goldstone, der einen gewissenlosen Bericht produziert hat, zu den Lieblingen. Trotz 28 Todesurteile, die alleine er gefällt hat. Aber bei Israel-Hassern ist so etwas wohl verzeihlich...genauso verzeihlich wie die Folter und die Ermordung von "Kollaborateuren", wie sie bei den palästinensischen Machthabern an der Tagesordnung, für die taz aber seit Jahren keiner Erwähnung wert ist. Stillschweigende Zustimmung? Mit Sicherheit, es sei denn, der Paragraph "Wir haben von nichts gewußt" oder "Wenn das der Imam wüßte" greift.

     

    An die Intelligenzallergiker unter den Leserbriefschreibern: informiert Euch über die Bedeutung des Wortes "Apartheid", bevor Ihr die einzige Demokratie des Nahen Ostens (Eure Heimatländer halten so etwas ja für westliche Verdorbenheit) und vernunftbegabte Menschen mit Eurem Kindergebrabbel nervt.

     

    P.S.: Warum erscheint die taz eigentlich nicht zweisprachig in türkisch und arabisch, in lateinischer und arabischer Schrift? Wäre doch einfacher für alle und das unwürdige Versteckspiel hätte ein Ende.

  • A
    Albert

    Wo wir gerade bei Südafrika sind, erinnert sich noch jemand and den Goldstone Bericht der Israel so schlecht aussehen ließ?

     

    Wie sich herausstellte hat Goldstone im Apartheitsstaat Todesurteile an Schwarzen vollstreckt weil diese es "nicht anderst lernen" wie er meinte.

     

    Warum findet taz diese Meldung nicht wichtig???

     

    Bitte liebe Zensoren leitet das an eure Vorgesetzten weiter bevor ihr es löscht.

  • C
    Charlot

    @mehrdad

    und wenn die Widerspruchsliste drei mal so lang wäre, das heißt doch nicht, dass die Recherchen falsch sind. Wahrheitsfindung weichgewaschen, das braucht keiner.

  • A
    Alexander

    Wenn es bloße Hypothesen über mögliche Existenz von iranischen Atomwaffen gibt, dann will Israel diesen Staat schon angegriffen sehen.

     

    Wenn es selbst diese besitzt, seine Nachbarn damit praktisch verteidigungsunfähig macht (v.a. was die illegal besetzten Golan-Höhen angeht, um Syrien das Wasser vom See Genezareth abzuschneiden), "das gesamte Judäa und Samaria" rejudaisieren möchte und dann noch so eine Chuzpe besitzt und Atomgeschäfte mit einem rassistischen Staat macht, frage ich mich wirklich was diese komm-werf-phosphor-bomben-ich-mach-die-augen-zu philisraelische deutsche Staatsräson sein soll?

  • S
    Stefan

    Zensur, Zensur, immer lockt uns nur.

     

    Heuchelei und Zensur, tolle Mischung, Georg!

     

    War es zu konstruktiv? Möchtest du gerne, dass man dich einfach nur beschimpft, damit du auf fehlende Argumente hinweisen kannst? Kommt besser, oder?

     

    Peinliche Nummer!

  • R
    Rainier

    Die Zusammenarbeit von Israel und dem Apartheid-Südafrika ist schon sehr lange im Gespräch: 1979 hat es in der Nähe der südafrikanischen Prinz-Edward-Inseln eine Atombombenexplosion gegeben (Vela-Versuch) bei der vieles daraufhin deutet, dass es sich um einen gemeinsamen südafrikanisch/israelischen Test gehandelt hat. Aber im Endeffekt war wohl die deutsche Hilfe für die Südafrikaner wichtiger, denn die Anreicherung in Pelindaba, mit der die 6 A-Bomben schliesslich gewonnen wurden, beruhte auf deutscher Technologie. Für den Antrieb von Atom-U-Booten erwarben die Südafrikaner trotz Embargos 1989 das know-how zum Bau von Kugelhaufenreaktoren (s. THTR-300 in Hamm und AVR in Jülich), das sie aber weder militärisch noch zivil in den Griff bekamen und Anfang 2010 wohl endgültig beerdigten.

  • S
    Suzette

    Ein Apartheidsstaat macht schmutzige Geschäfte mit einem anderen Apartheidsstaat - des passt scho ... widerlich ist hier vor allem, wie scheinheilig die Repräsentanten des Staates Israel ihre moralische Unantastbarbarkeit verteidigen und glauben, damit alle an der Nase herumführen zu können (was in weiten Teilen auch gelingt) - einfach erbärmlich. Der Antisemitismus-Vorwurf ist Quatsch, hier geht's um politische Glaubwürdigkeit und Menschenrechte.

  • N
    Niemand

    Es hat bezeichnenderweise lange gedauert, bis die Meldung zu Polakow-Suranskys Buch über die geheimen militärischen und Atomwaffen-Beziehungen zwischen Israel und dem rassistischen Botha-Regime Südafrikas in der TAZ erschienen ist.

    Ebenso bezeichnend ist der Eiertanz des Autors dieses Artikels über den Mutmaßungen und Fakten- man glaubt fast, einen israelischen Regierungsbericht zu diesen düsteren Vorgängen zu lesen:

    Schuld daran ist, daß es bezüglich der polit. und ethischen Evaluation Israels in der TAZ-Redaktion seit langem die Schere im Kopf gibt, eine innere Zensur- m.E. eine gefährlich falsche Konsequenz aus dem Jahrtausendverbrechen des Nazi-Staatsterrorismus am jüdischen Volk. Darnach heißt Verantwortung für die Juden übernehmen, S c h u l d und G e f a h r israelischer Politik nicht sehen wollen und dürfen, die in anderen westlichen Ländern ehrlich angesprochen werden. Schonende Tabus statt parrhesia im Umgang mit eben a u c h : einem Atomwaffenstaat!

    Der Umgang der TAZ-ler mit dem Israel-Thema spiegelt m.E. aber auch die Angst wieder, die jeder berechtigt hegen muß, der eine Kritik an diesem falschen Umgang mit dem Apartheidstaat Israel wagt oder gar zu harmlosen Maßnahmen wg. dessen brutaler Politik gegen die Palästinenser aufruft(Dierkes). Selbst das Schicksal FDP-Möllemanns gehört m.E. zu den Innere-Zensur-Erzeugern bei sonst kritischen Journalisten.

    Auch ich halte hier meine Gedanken zu dem schlimmen Verhalten des "Friedensnobelpreisträgers" Peres (nicht nur im Polakov-Fall) weitgehend zurück- glaube allerdings der TAZ die Veröffentlichung e i n e s Gedankens dazu zumuten zu können:

    Sahra Wagenknechts Sitzenbleiben nach der Rede von Peres in Berlin war m e h r als berechtigt.

     

    PS:Wenn ein TAZ-Leser eine objektive und evaluativ mutige Beurteilung der monströsen Affäre erhalten möchte, der soll die dazu erschienen Artikel im Guardian lesen.

  • DZ
    detlef zum winkel

    Lieber Georg Baltissen,

     

    Sie schreiben, Südafrika habe unter dem Apartheid Regime 6 Atombomben besessen. Nach Ende dieses Regimes wurde der Verdacht, RSA sei ein Atomwaffenstaat, von Wissenschaftlern bestätigt, die im Nuklearprogramm Südafrikas tätig (und mit ihrer Abfindung offenbar unzufrieden) waren. Diese Wissenschaftler nannten eine Zahl von ca. 20 Nuklearwaffen, darunter vier Wasserstoffbomben.

     

    Über eine maßgebliche Rolle Israels bei dieser Nuklearrüstung erwähnten sie nichts. Wie dem auch sei: über dem Eifer, Israel anzugreifen, sollten wir nicht vergessen, dass es eine maßgebliche Hilfe Deutschlands (damals noch: West-D) für das Atomprogramm des Apartheid-Regimes gegeben hat. Das ist jedenfalls sicher. Südafrika erwarb von einem eng mit dem Karlsruher Kernforschungszentrum (heute Elite-Uni... haha!) liierten Unternehmen das technische knowhow der Urananreicherung. Hier liegen die wirklichen Parallelen zur aktuellen Auseinandersetzung mit dem Iran, dessen Urananreicherung ja wohl auch nicht ohne deutsche Wertarbeit auskommt.

     

    Ich weiß das nicht wirklich und habe keine Zeit, es zu recherchieren. Aber ich würde, wenn ich es mir recht überlege, jede Wette dazu halten.

     

    Freundliche Grüsse,

     

    Detlef zum Winkel,

    Frankfurt

     

    PS. Das mit Südafrika war zu einer Zeit, wo die BRD sozialliberal regiert wurde. Die Kanzler hießen Willy Brandt und Helmut Schmidt.

  • M
    mehrdad

    was bleibt sind normale waffengeschäfte, bei denen man sich natürlich nur über israel aufregt, aber diese waffenverkäufe an SA links liegen lässt (kann man ja nicht gegen juden benützen):

     

    -UK 14 Westland Wasp helicopters supplied in 1973 and 1974

    -France 38 Mirage fighter aircraft supplied in 1974 and 1975

    -Jordan 717 Tigercat missiles suppplied in 1974

    -Italy 80 military aircraft supplied in 1974

    -UK 41 Centurian tanks supplied in 1974

    -France 48 AS-12 air to surface missiles supplied in 1975

    -France 2 submarines supplied in 1975

    -France 2040 air to surface missiles supplied between 1976-1983

    -Italy 96 Impala counter insurgency equipment supplied between 1976-1983

    -Spain 60 centurion tanks supplied in 1979

  • M
    mehrdad

    -perez hat guardian widersprochen.

    -der damalige SA verteidigungsminister hat guardian widersprochen.

    -BBC hat guardian widersprochen.

     

    also mal wieder heisse, nach rotbraune antisemitmus riechende luft.