Vorwürfe gegen Chirac: Millionen aus Afrika
Schwere Vorwürfe gegen Frankreichs Exstaatschef Chirac und dessen Premier de Villepin. Sie sollen von afrikanischen Herrschern Schmiergelder kassiert haben.
PARIS taz | Der frühere französische Staatspräsident Jacques Chirac und seine rechte Hand, Dominique de Villepin sollen von befreundeten afrikanischen Herrschern zig Millionen Schmiergelder bekommen haben.
Das behauptet ein Insider: Der aus dem Libanon stammende Anwalt Robert Bourgi war ab 1997 im Élysée-Palast der "Monsieur Afrique". In der Tradition seines legendären Vorgängers Jacques Foccart, der unter General de Gaulle nach der Unabhängigkeit der Kolonien um alle offiziösen und inoffiziellen Kontakte zwischen Paris und dem afrikanischen "Hinterhof" besorgt war, kümmerte sich Bourgi unter Chirac und dessen Nachfolger Nicolas Sarkozy darum.
Dem Journal du Dimanche erzählt Bourgi, er habe Chirac, als dieser noch Bürgermeister von Paris und Parteichef, dann Premier und schließlich Staatspräsident war, in Geldkoffern Zeichen der Erkenntlichkeit afrikanischer Staatschefs überbracht.
Bourgi schildert detailreich, aber ohne geringste Beweise, wie Chirac oft im Beisein seines Mitarbeiters Dominique de Villepin die Geldscheine gezählt und in einen Schrank gelegt habe. Dabei sei es jeweils um 5 bis 15 Millionen Francs pro Lieferung und "Dutzende von Millionen Francs pro Jahr und mehr vor Wahlen wie 2002" gegangen.
Entsprechend pikiert reagierte Chirac auf diesen Dolchstoß seines "Monsieur Afrique". Am Montag kündigten seine Anwälte eine Verleumdungsklage gegen den Exberater an. Desgleichen will Dominique de Villepin gerichtlich gegen diese schwerwiegende Anschuldigung vorgehen, die er am Fernsehen als "albernes Geschwätz" abtun wollte.
Unklares Motiv
Warum aber verpetzt Bourgi ausgerechnet jetzt seinen ehemaligen Boss und Villepin, der es unter Chirac bis zum Premier brachte? Hat der "Kofferträger", der die schmutzige Wäsche der Chirac-Ära auspackt, Angst, selber in den Sog der Enthüllungen zu geraten?
Mehrere Bücher befassen sich mit der illegalen Finanzierung französischer Politiker aus Afrika. Gegen den altersmüden Chirac läuft zurzeit in Abwesenheit ein Prozess wegen Unterschlagung. Und Villepin erwartet Mittwoch das Urteil im Clearstream-Prozess, in dessen Zentrum die Rivalität mit Sarkozy steht.
In dieser internen Auseinandersetzung in der französischen Rechten hat Bourgi klar für Sarkozy Partei ergriffen, dessen inoffizieller Afrika-Verbindungsmann er wurde. Entzückt von diesen Feindseligkeiten zwischen den beiden Clans, forderte gestern die linke Opposition eine gerichtliche Untersuchung.
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